Karl Veitschegger (2010)

 

15. August: „Großer Frauentag“ – Mariä Himmelfahrt


 

Geschichte und Symbol

Maria aus Nazaret ist eine historische Person. Sie ist die Mutter Jesu. In der christlichen Tradition ist sie aber zugleich Symbol für den gläubigen Menschen, der für Gott offen ist, und in gewissem Sinn auch Symbol für die ganze Schöpfung, die sich nach Gott ausstreckt und das Lob Gottes singt. Die Bibel überliefert ein Lied, in dem Maria ihrer Freude über Gott freien Lauf lässt:

„Meine Seele preist die Größe des Herrn

und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter.

Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut.

Siehe, von nun an preisen mich glücklich alle Generationen...!"

(Lukas 1,46-55)

 

Gelungene Schöpfung

Heute kann man sagen: Die „niedrige Magd“ aus Nazaret ist durch Gottes Erwählung zur „Großen Frau" geworden, zum Inbegriff eines gelungenen Menschen, eines vollendeten Geschöpfs. Wallfahrten durch die sommerliche Natur, Seeprozessionen, Gottesdienste auf Bergen und Kräutersegnungen rund um den 15. August, der seit dem 5. Jahrhundert als Marienfeiertag nachweisbar ist und im Volksmund auch „Großer Frauentag“ genannt wird, erinnern an diese umfassende Bedeutung Marias.

 

Universales Hoffnungsbild

Wenn katholischer Glaube in Gebeten und Liedern, Bildern und Glaubensformeln verkündet, dass Maria „nach Ablauf ihres irdischen Lebens mit Leib und Seele in die himmlische Herrlichkeit aufgenommen worden ist“ (Papst Pius XII.), dann verbindet sich damit die Hoffnung, dass Materie und Leben, Leibliches und Geistiges, ja alles, was existiert und sich entwickelt, was fühlt und denkt, sein letztes Ziel in Gott hat.

 

Nicht Verwesung, sondern Verwesentlichung

Nichts Gutes, auch wenn es sterblich ist, geht für immer verloren. Nicht „Verwesung“ ist die letzte Bestimmung der Schöpfung, sondern „Verwesentlichung“: Gott will – auf eine Weise, die nur er kennt – alles, was er erschaffen hat, zur Entfaltung und Vollendung bringen, in seine Herrlichkeit „aufnehmen“ und mit Ewigkeit „krönen“. Diese universale christliche Hoffnung feiern katholische Christinnen und Christen am 15.August.

 

Dieser Artikel erschien auch Im Sonntagsblatt für Steiermark (12.8.2012)

 

Zum Weiterdenken

 

„Marias Tod war kein trauriges Ende, sondern sie hat sich Hals über Kopf, mit Haut und Haar, Herz und Gemüt, mit Leib und Seele in die Liebe Gottes „gestürzt“. Er hat sie aufgenommen. Ganz.

Karl Veitschegger

 

 

„Maria leiblich in den Himmel aufgenommen, das meint: Alle Lebensetappen Marias, von der Zeugung im Schoß ihrer Mutter Anna über ihre Verlobung mit Josef, die Geburt Jesu, sein Sterben und Auferstehen, die Anfänge der Kirche bis zu Marias Tod: all diese seligen und furchtbaren Augenblicke sind in Gott unverlierbar geborgen, von jeder Bitternis erlöst.“

Jürgen Kuhlmann

 

„Maria ist in sich selbst ein Loblied auf das Leben: Sie ist das Geschöpf, in dem das Wort Christi bereits Wirklichkeit geworden ist: 'Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben, und damit sie es in Fülle haben' (Joh 10,10)"

Papst Benedikt XVI. (Rom, 8.12.2011)

 

„Der Begriff ‚Seele’ umschreibt mehr die ‚Gottoffenheit’ des Menschen; der Begriff ‚Leib’ dagegen mehr seine ‚Erdverbundenheit’. Beides gilt vom ganzen Menschen; in beidem wird sein Wesen als Geschöpf Gottes angesprochen; darum hat auch beides ‚Platz’ in Gottes Himmel.“

Medard Kehl

 

„Die Kirche lehrt nicht, dass die menschliche Natur unverbesserlich ist, auch nicht, dass sie vernichtet und ins Gegenteil umgeändert, sondern dass sie befreit, gereinigt und erneuert werden muss.“

Kardinal John Henry Newmann

 

 

Angenommenes und aufgenommenes Leben

Artikelserie: Maria – Bild des geglückten Menschen

Mariendogmen – Übersicht

 

Zurück zur Startseite von Karl Veitschegger

Zurück zum Menü „Meine Artikel, Referate, Skizzen ..."

Karl Veitschegger © 2010