Karl Veitschegger (2020) Angenommenes und
aufgenommenes Leben Gedanken
anlässlich des Marienfeiertages am 15. August Poesie des Glaubens und des Lebens Es
ist ein höchst poetisches Fest. An Maria wird bildhaft gezeigt und gefeiert,
was Erlösung bedeutet. Ein uraltes christliches Axiom sagt: „Was nicht
angenommen ist, ist nicht erlöst.“ Erlöst sind wir demnach erst, wenn alles
in Liebe angenommen und geheilt ist, was wir in diesem Leben erfahren, also
genießen oder erleiden, erkämpfen oder verlieren, wofür wir uns schämen und
worauf wir stolz sind, woran wir scheitern und was wir von Herzen lieben.
Auch das Misslungene und Zerbrochene, das in dieser Welt nicht Heilbare
gehört dazu. Gott sieht alles in Güte an, will es aufnehmen, annehmen, heilen
und vollenden. Das bedeutet für mich die alte Formel: „mit Leib und Seele in
den Himmel aufgenommen“. Das beginnt schon jetzt und vollendet sich im Tod.
Alles, was wir „mit Leib und Seele“ sind, also was wir als ganze Menschen
erfahren, geht nicht verloren, sondern ist liebevoll aufgehoben in Gott. Auch das Zerbrochene bekommt Wert Das
Missglückte und Zerbrochene gehört auch zu unserem Leben. Es wird nicht
weggezaubert, sondert verwandelt. Ich denke da gerne an das alte japanische Kintsugi, eine besondere Art, zerbrochene Porzellanvasen
zu reparieren. Beim Zusammenfügen werden dabei fehlende Scherben durch eine
Goldmasse ergänzt. Die Brüche werden nicht vertuscht und verleugnet, sondern
sie verwandeln sich in die Farbe des Göttlichen. Das feiern wir am 15.
August. Das entspricht auch ganz der liebevollen Suche Jesu nach dem
Verlorenen. Dafür hat er gelebt. Dafür ist er gestorben. Dafür lebt er jetzt
bei Gott und in uns. Mein Festtagswunsch Alles,
was ich hier geschrieben habe, wünsche ich allen Menschen und Geschöpfen.
Früher nannte man das Fest am 15. August auch „Entschlafung
Mariens“. Es war letztlich ein glückliches Entschlafen in das Licht Christi
hinein, erzählen die Legenden. Unweigerlich denke ich dabei auch an Joseph
Roths „Hiob“, von dessen Hauptfigur es am Ende des Romans heißt: „Mendel
schlief ein. Und er ruhte aus von der Schwere des Glücks und der Größe der
Wunder.“ Karl Veitschegger (2020) Info zu Kintsugi Bei Kintsugi
(金継ぎ), japanisch für Goldverbindungen,
handelt es sich um eine traditionelle Reparaturmethode für Keramik- und
Porzellanbruchstücke. Dabei wird feines Pulvergold zur Verzierung der
Bruchlinien verwendet. Im 16. Jahrhundert entwickelte sich in Japan das ästhetische
Prinzip „Wabi Sabi“. Im
Zentrum dieses Prinzips steht das Zeigen des Unvollkommenen eines
Gegenstands. Die Einfachheit aber auch Fehleranfälligkeit von Gegenständen
und Dingen steht im Fokus der neuen Anschauung. Die Goldverbindungen sind ein
direktes Produkt der Wabi-Sabi-Ästhetik,
das den Makel und die Vergänglichkeit eines Gegenstandes auf glanzvolle Weise
zeigen. Christoph Kainradl Zurück zur Startseite von Karl Veitschegger Zurück zum Menü „Artikel, Referate, Skizzen ...“ Karl Veitschegger © 2020 |