Karl Veitschegger

 

Fasten: Mensch, werde wesentlich!

 


 

In vielen Religionen spielt das Fasten eine bedeutende Rolle. Unter „Fasten“ versteht man dabei nicht nur den teilweisen oder völligen Verzicht auf Nahrung, sondern einen gesamtmenschlichen Vorgang. „Weniger ist oft mehr!“ Diese alte Weisheit gilt für viele Lebensbereiche und trifft auch den Sinn des Fastens. Wer Fasten für Selbstquälerei hält, hat die Sache ziemlich missverstanden. Denn es geht nicht darum, sich zu quälen, sondern darum, seine Seele zu entschlacken. Sinnvolles Verzichten macht freier und entlastet von manchem Plunder, der wahres Menschsein verdeckt, hemmt oder gar verhindert.

 

Im christlichen Festkalender ist besonders in der Zeit vor Ostern Fasten angesagt. Die christlichen Kirchen laden dazu ein, verstärkt auf Christus zu schauen und von ihm zu lernen, was frei macht und was wirklich zählt im Leben. Dazu werden in Pfarren, Klöstern und kirchlichen Einrichtungen traditionelle, aber auch neue Hilfen angeboten.

 

Zum christlichen Fasten gehört wesentlich auch das soziale Handeln. Wer körperlich fastet, soll sich nicht nur selber Gutes tun, sondern auch sein Verhalten zu den Mitmenschen überdenken, sich zugunsten Schwächerer zurücknehmen, großzügig mit Notleidenden teilen, seine Stimme für Benachteiligte erheben und durch umweltfreundliches Verhalten der Schöpfung Gottes die nötige Achtung entgegenbringen.

 

Der berühmte schlesische Dichter, Arzt und Priester Angelus Silesius (1627-1677) hat in der Barockzeit das Wort geprägt: „Mensch, werde wesentlich!“ Viel kürzer und besser kann man nicht sagen, worum es beim Fasten geht. Auch Sie sind dazu eingeladen. Machen Sie einfach mit! Werden Sie wesentlich!

 

(Dieser Text wurde leicht verändert veröffentlicht in: „Grüß Gott, Steiermark! – Kircheninfo" 1/2006)

 

Karl Veitschegger

 

Aus der maronitischen Liturgie:

 

„Wie wunderbar ist das Fasten, das sich mit der Liebe schmückt.

Brich großherzig dein Brot mit dem Hungernden,

denn sonst ist dein Fasten kein Fasten, sondern Sparen.“

(Vesper, Dienstag in der Fastenzeit)

 

 

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