Karl Veitschegger

 

Gern haben oder gernhaben? – Gedanken zu Fastenzeit

 


 

Es ist wichtig, wie man ein Wort oder einen Satz betont, weil die Betonung den Sinn stark verändern kann. Schauen wir uns den Ausdruck „gern haben“ an: Wenn Sie beim Sprechen das zweite Wort „haben“ betonen, meinen Sie, dass sie etwas gern haben möchten: ein neues Handy, ein neues Auto, eine größere Wohnung usw. Ach, es gibt so vieles, was man gern haben würde! Bei dieser Betonung geht es um das Haben und Besitzen.

Wenn Sie aber bei „gern haben“ das erste Wort „gern“ betonen, dann wollen Sie damit sagen, dass Sie jemanden schätzen, anerkennen, sich in seiner Nähe wohl fühlen, ihm Gutes wünschen ... – kurz: dass Sie jemanden gern haben. Betont man so, geht es um Beziehung und Liebe.

 

 

Die richtige Betonung

Die Fastenzeit, so scheint mir, will uns bewegen, darüber nachzudenken, wie wir in unserem Leben die Betonung setzen wollen. Sie fragt uns an: Willst du gern haben? Oder willst du gernhaben? Geht es dir ums Haben und Besitzen? Oder um gelingende Beziehungen? Vermutlich wünschen wir uns alle eine gute Balance, wobei wir wissen, dass letztlich nicht Dinge, sondern nur gelingende Beziehungen unserem Leben Sinn geben. Aber dieses Wissen allein reicht nicht, es braucht auch Einübung in diese Lebenswahrheit. Die Zeit vor Ostern lädt besonders dazu ein. Und Jesus selbst zeigt uns die Richtung des Trainings: Liebe Gott und deine Mitmenschen und dich selbst! Denke vor allem an die oft Vergessenen! Und wenn du Gott liebst, achte auch seine Schöpfung und seine Geschöpfe! Dir ist diese Welt nicht zur Ausbeutung gegeben, sondern zum maßvollen und dankbaren Genuss. Was dich umgibt, ist nicht nur Material, mit dem du willkürlich machen kannst, was du willst, sondern Gabe und Aufgabe Gottes.

 

Die verschiedenen Fastenaktionen in unserem Land, die von Christinnen und Christen und vielen anderen Menschen guten Willens initiiert worden sind und getragen werden, sind gute Angebote, unsere Beziehung zu Gott und seinen Geschöpfen ins rechte Lot zu bringen. Sie können helfen, in unserem Leben die richtige Betonung zu finden. Fröhliches Fasten!

 

(Sonntagsblatt für Steiermark 26.Februar 2017, Beilage Sonderthema „Mein Fasten“)

 

Karl Veitschegger

 

Artikel: Fasten: Mensch, werde wesentlich!

 

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