Karl Veitschegger (1999)

 

Segen für Wiederverheiratete? – Diskussionsbeitrag


 

„Den Geschiedenen [ist] in fürsorgender Liebe beizustehen, damit sie sich nicht als von der Kirche getrennt betrachten, da sie als Getaufte an ihrem Leben teilnehmen können, ja dazu verpflichtet sind. Sie sollen ermahnt werden, das Wort Gottes zu hören, am heiligen Messopfer teilzunehmen, regelmäßig zu beten, die Gemeinde in ihren Werken der Nächstenliebe und Initiativen zur Förderung der Gerechtigkeit zu unterstützen, die Kinder im christlichen Glauben zu erziehen und den Geist und die Werke der Buße zu pflegen, um so von Tag zu Tag die Gnade Gottes auf sich herabzurufen. Die Kirche soll für sie beten, ihnen Mut machen, sich ihnen als barmherzige Mutter erweisen und sie so im Glauben und in der Hoffnung stärken." (Johannes Paul II., Enzyklika Familiaris consortio, 84)

 

 

Wiederverheiratete Geschiedene bitten um den Segen Gottes – Thesen zum Weiterdenken

 

1. Wiederverheiratete Geschiedene gehören zur Gemeinschaft der Kirche Sie sollen nach dem ausdrücklichen Wunsch des Papstes (siehe oben!) das Wort Gottes hören, beten, Gottesdienste mitfeiern und Glaubenszeugen für ihre Kinder sein. Sie haben ein Recht auf seelsorgliche Begleitung und sollen sich nicht aus der Gemeinschaft der Kirche hinausgedrängt fühlen.

 

2. Wer diese Grundeinstellung der Kirche zu den wiederverheirateten Geschiedenen ernst nimmt, wird den Wunsch von Betroffenen, anlässlich ihrer standesamtlichen Eheschließung auch in einer Kirche zu beten, nicht abschlagen können.

 

3. Es geht um eine Initiative der Betroffenen. Der Priester und die versammelte Gemeinde unterstützen dieses Gebet und helfen bei der Gestaltung, fällen damit aber kein Urteil über die Qualität der neuen Lebensgemeinschaft.

 

4. Eine solche Andacht in der Kirche darf nicht mit einer sakramentalen Eheschließung verwechselt werden. Auf die Anrede „Brautpaar“, Vermählungsspruch, Brautsegen, typische Hochzeitslesungen, -gebete und -lieder soll aus Respekt vor dem Ehesakrament verzichtet werden.

 

5. Die Feier der Eucharistie ist in diesem Zusammenhang nicht angebracht. Die Andacht anlässlich einer standesamtlichen Trauung bedeutet nicht die Zulassung zu den Sakramenten. Es handelt sich um zwei zu unterscheidende pastorale Probleme, die nicht verquickt werden sollen.

 

6. Die durch standesamtliche Trauung neu eingegangene Lebensgemeinschaft steht zwar objektiv im Widerspruch zur bestehenden sakramentalen Ehe. Das bedeutet allerdings nicht, dass im subjektiven Sinn schwere Schuld gegeben sein muss. Die Anrechenbarkeit und Verantwortung für eine Handlung kann durch viele Umstände und „psychische und gesellschaftliche Faktoren vermindert, ja sogar aufgehoben sein“ (Katechismus der Katholischen Kirche 1735).

 

7. Vorschläge, die für ein Segensgebet wiederverheirateter Geschiedener erarbeitet werden, sind nicht offizielle Liturgie der Kirche, sondern sollen pastorale Behelfe sein, die die oben genannten Grundsätze ernst nehmen.

 

Karl Veitschegger (Mai 1999)

 

 

Bischof Egon Kapellari

„Wie wir mit wiederverheirateten Geschiedenen umgehen – eine große Sorge auch von mir, ein großes Anliegen. Vielleicht können wir wirklich eines Tages dem Beispiel der russischen Orthodoxie oder der Griechen folgen, die – es gibt keine zweite Sakramentenehe – die aber einen zweiten Bund segnen bei aller Gebrechlichkeit.“

(Interview in ORF, „Steiermark heute", 2.4.2010)

 


 

 

Vorschlag für eine Andacht in der Kirche

 

Begrüßung

Seelsorger: N. und N. haben am Standesamt geheiratet und sind nun in diese Kirche gekommen, weil sie Gott um seinen Segen für Ihr Leben bitten wollen. Wir, die wir hier versammelt sind, wollen mit ihnen beten. Wir stellen N. und N. und uns alle unter die barmherzige Liebe Gottes. Deshalb beginnen wir dieses Zusammensein mit dem Kreuzzeichen: Im Namen des Vaters ....

 

Lied

(z.B. Herr, unser Herr, wie bist du zugegen)

 

Gebet:

Seelsorger: Lasset uns beten.

Guter Gott, N. und N. kommen vor dein Angesicht. Sie legen ihr Leben in deine Hände: die Vergangenheit und die Zukunft, das Schöne und das Dunkle, alle Sorgen und alle Hoffnungen. Du bist das Licht für alle Menschen. Erleuchte auch den Lebensweg von N. und N. und begleite sie, damit sie das Ziel erreichen können, das du in deiner Liebe für sie bestimmt hast. Darum bitten wir dich durch Jesus Christus, deinen Sohn, der mit dir und dem Heiligen Geist lebt und liebt in Ewigkeit.

 

Lesung

aus dem Buch Jesus Sirach (Sir 34,16-20)

Wer den Herrn achtet, verzagt nicht und hat keine Angst, denn der Herr ist seine Hoffnung. Wohl dem, der den Herrn achtet. Auf wen vertraut er, und wer ist seine Stütze?

Die Augen des Herrn ruhen auf denen, die ihn lieben; er ist ein starker Schild, eine mächtige Stütze, Schutz vor dem Glutwind, Schatten in der Mittagshitze, Halt vor dem Straucheln, Hilfe vor dem Fall, Freude für das Herz, Licht für die Augen, Heilung, Leben und Segen.

 

Lied

(z.B. Herr, wir hören auf dein Wort)

 

Evangelium

Mt 7, 7-11 Vom Vertrauen beim Beten:

In jener Zeit sprach Jesus: Bittet, dann wird euch gegeben; sucht, dann werdet ihr finden; klopft an, dann wird euch geöffnet. Denn wer bittet, der empfängt; wer sucht, der findet; und wer anklopft, dem wird geöffnet. Oder ist einer unter euch, der seinem Sohn einen Stein gibt, wenn er um Brot bittet, oder eine Schlange, wenn er um einen Fisch bittet? Wenn nun schon ihr, die ihr böse (fehlerhaft) seid, euren Kindern gebt, was gut ist, wie viel mehr wird euer Vater im Himmel denen Gutes geben, die ihn bitten.

 

Oder:

Mt 4,35-41 Der Sturm auf dem See

Am Abend eines Tages sagte Jesus zu seinen Jüngern: Wir wollen ans andere Ufer hinüberfahren. Sie schickten die Leute fort und fuhren mit ihm in dem Boot, in dem er saß, weg; einige andere Boote begleiteten ihn. Plötzlich erhob sich ein heftiger Wirbelsturm, und die Wellen schlugen in das Boot, so dass es sich mit Wasser zu füllen begann. Er aber lag hinten im Boot auf einem Kissen und schlief. Sie weckten ihn und riefen: Meister, kümmert es dich nicht, dass wir zugrunde gehen?

Da stand er auf, drohte dem Wind und sagte zu dem See: Schweig, sei still!  Und der Wind legte sich, und es trat völlige Stille ein. Er sagte zu ihnen: Warum habt ihr solche Angst? Habt ihr noch keinen Glauben? Da ergriff sie große Furcht, und sie sagten zueinander: Was ist das für ein Mensch, dass ihm sogar der Wind und der See gehorchen?

 

Kurze Ansprache

Seelsorger entzündet eine schöne Kerze (die er dem Paar später mitgibt) und verbindet sie mit drei Wünschen: 1. Eine Kerze bringt Licht. Ich wünsche Ihnen viele helle Stunden. 2. Ein Kerzenlicht kann aber auch leicht ausgelöscht werden. Ich wünsche Ihnen viel Behutsamkeit und Aufmerksamkeit. 3. Im Leben kann es manchmal dunkel und finster werden. Der Glaube sagt: Am Ende jedes Dunkels kommt wieder ein Licht. Wir müssen nie verzagen. Gott selbst will unser Licht sein. Daran soll sie diese Kerze erinnern, die ich jetzt hier in der Kirche zum ersten Mal entzündet habe und die auch Sie zu Hause immer wieder entzünden sollen.

 

Fürbitten

Seelsorger: Herr Jesus Christus, du hast gesagt: „Wer bittet, der empfängt; wer sucht, der findet; und wer anklopft, dem wird geöffnet.“ Deshalb beten wir voll Vertrauen:

 

V: Schenke N. und N. alles, was sie brauchen, damit ihr Leben nach deinem Willen gelingt.

Herr erbarme dich.

Christus erbarme dich.

Herr erbarme dich.

 

V: Lass uns deinen Willen immer besser erkennen und gib uns die Kraft, deine Gebote zu halten.

Herr erbarme dich.

Christus erbarme dich.

Herr erbarme dich.

 

V: Schenke allen Eheleuten den Geist deiner Liebe und Treue.

Herr erbarme dich.

Christus erbarme dich.

Herr erbarme dich.

 

V: Höre auf die Bitten aller hier Versammelten.

Herr erbarme dich.

Christus erbarme dich.

Herr erbarme dich.

 

V: Lass das ganze Volk Gottes wachsen im Glauben und in der Liebe.

Herr erbarme dich.

Christus erbarme dich.

Herr erbarme dich.

 

Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist wie im Anfang so auch jetzt und alle Zeit und in Ewigkeit. Amen.

 

Vater unser

 

Lied

(z.B. Lobet den Herren)

 

Gebet um Segen

Seelsorger: Wir wollen gemeinsam Gott um seinen Segen für N. und N. bitten:

 

Du bist ein gerechter und barmherziger Gott.

A: Segne N. und N.

Du bist gütig und treu für immer.

A: Segne N. und N.

Du bist allen nahe, die zu dir rufen.

A: Segne N. und N.

Du allein kennst die Herzen der Menschen.

A: Segne N. und N.

Du bist in Jesus Christus Bruder eines jedes Menschen geworden.

A: Segne N. und N.

Du willst durch deinen Heiligen Geist in uns wohnen.

A: Segne N. und N.

Du willst, dass wir einander lieben.

A: Segne N. und N.

 

Es segne uns der dreieinige Gott: der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Amen.

 

Schlusslied

(z.B. Nun danket alle Gott; auch ein Marienlied kann angebracht sein z.B. GL 595 Maria breit den Mantel aus)

 

 

Karl Veitschegger (1999/2005)

 

Geschieden – Alle Rechte in der Kirche verloren?

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