Karl Veitschegger

 

„Weihrauchsegen“ zur Weihnachtszeit


 

Es ist seit vielen Jahrhunderten Brauch, am Heiligen Abend, am Silvesterabend und am Abend vor dem „Dreikönigstag“ Häuser, Wohnungen und Wirtschaftsgebäude mit Weihrauch zu segnen.

 

Sehnsucht und Glaube

Die langen Nächte um die Wintersonnenwende („Rauchnächte“ oder „Raunächte“) galten schon in vorchristlicher Zeit als besonders geheimnisvoll. Die Erfahrung der Menschen, dass in der Natur den finsteren Zeiten immer wieder hellere folgen, hielt in ihnen die Sehnsucht wach, dass es auch im Menschenleben so sein möge. An diese Sehnsucht knüpft das christliche Weihnachtsfest an. Es verkündet Jesus Christus als die wahre Sonne, die nie mehr untergeht. Er ist in die Welt gekommen, um Licht zu bringen: in das Dunkel der Angst, der Schuld, des Leides und des Todes.

 

Jesuskind und Weihrauch

Wie die Bibel erzählt, kamen bald, nachdem Jesus in Betlehem geboren worden war, Sterndeuter aus dem Morgenlande zu ihm. „Sie gingen in das Haus und sahen das Kind und Maria, seine Mutter; da fielen sie nieder und huldigten ihm. Dann holten sie ihre Schätze hervor und brachten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe als Gaben dar.“ (Matthäus 2,11).

 

Anbetung und Schutz

Diese drei Geschenke der Sterndeuter wurden von gläubigen Menschen im Lauf der Geschichte immer wieder symbolisch gedeutet. So soll die Myrrhe, die bei antiken Begräbnissen Verwendung fand, an das Leiden und Sterben Jesu Christi erinnern, das sonnenähnliche Gold hingegen an seine Herrlichkeit im Himmel. Der Weihrauch, der aus der glühenden Kohle zum Himmel steigt, wurde zum Sinnbild für alle Gebete, die aus der Glut des menschlichen Herzens zu Gott steigen. Bis heute ist er in vielen Religionen und Kulturen Ausdruck der Anbetung und der Festlichkeit, aber auch Zeichen des Schutzes und der Abwehr des Bösen. In der Naturheilkunde wird ihm reinigende und heilende Kraft zugeschrieben. Kein Wunder, dass der Weihrauch nicht nur in den Gottesdienst der Kirche, sondern auch in das Brauchtum des Volkes Eingang gefunden hat.

 

„Weihrauchsegen" in der Familie

So könnte eine Familienfeier mit „Weihrauchsegen" gestaltet werden:

Wenn die Familie versammelt ist, legt ein erwachsenes Familienmitglied die glühende Kohle in ein feuerfestes Gefäß (z.B. Räucherpfanne) und streut einige Körner Weihrauch darauf. Sobald es zu duften beginnt, betet ein Familienmitglied laut vor:

 

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen

Guter Gott, wir danken dir, dass wir ein Dach über dem Kopf haben.

Segne unser Heim und verbanne alles Böse aus unserer Mitte.

Schenke uns deinen Heiligen Geist, damit wir in Frieden miteinander leben können,

wie es uns dein Sohn Jesus Christus vorgelebt hat.

Durch ihn bitten wir dich voll Vertrauen

heute und alle Tage unseres Lebens. Amen.

 

Dann wird das duftende Rauchgefäß durch die Räume getragen. Alle gehen mit. Man kann dies schweigend tun, man kann aber auch ein Gebet sprechen oder ein (Weihnachts-)Lied singen. In manchen Familien ist es üblich, dass ein Kind oder ein anderes Familienmitglied zugleich jeden Raum mit Weihwasser besprengt. Am Schluss beten alle gemeinsam das Vaterunser.

 

C+M+B

Beim „Rauchen“ am Abend des 5. Jänners ist es Brauch, auf die Türen mit Kreide den Haussegen zu schreiben: C+M+B, umrahmt von der Jahreszahl (z. B. 20 C+M+B 02). Auf Wunsch wird dieses Segenszeichen auch von den Sternsingern angebracht. Die Buchstaben stehen für den lateinischen Spruch „Christus Mansionem Benedicat" (= Christus segne die Wohnung). Volkstümlich werden sie auch als Anfangsbuchstaben der Namen Caspar, Melchior und Balthasar gedeutet. Die Legende sah in den biblischen „Sterndeutern aus dem Morgenland“ wegen der wertvollen Geschenke, die sie dem Jesuskind brachten, drei Könige und gab ihnen diese klangvollen Namen. Die Bedeutung jedes der drei Namen erinnert an einen Glück- und Segenswunsch: Caspar (persisch)= „Schatzbewahrer“, Melchior (hebräisch) = „Mein König ist Licht“, Balthasar (babylonisch) = „Gott schützt Leben“.

 

Weihrauch

Der Weihrauchbaum (Boswellia sacra) gedeiht seit Jahrtausenden nur in drei Regionen der Welt: in Südarabien, in Somalia in Ostafrika und in Ostindien. Er kann sechs Meter hoch werden. Wenn man seine Rinde einschneidet, sondert er einen milchig weißen Saft ab. Das durch Trocknung daraus gewonnene Harz, kommt in Tropfenform auf den Markt. Beim Verbrennen dieser Weihrauchkörner entsteht ein angenehmer Duft. Weihrauch wird oft mit anderen Stoffen zu wohlriechendem Räucherwerk gemischt.

 

(Text für Weihrauchbox der Grußaktion „Grüß Gott 2002" in der Diözese Graz-Seckau)

Karl Veitschegger (2001)

 

„Wie ein Rauchopfer steige mein Gebet vor dir auf; als Abendopfer gelte vor dir, wenn ich meine Hände erhebe.“ (Psalm 141,2)

„Wir sind Christi Wohlgeruch für Gott ...“ (2 Korinther 2,15)

„Aus der Hand des Engels stieg der Weihrauch mit den Gebeten der Heiligen zu Gott empor.“ (Offenbarung 8,4)

„Vom Messias steht geschrieben, dass er riecht, wo das Recht ist.“ (Der babylonische Talmud, Sanhedrin 93 b)

 

Wohnungssegnung bei Freunden

Viele Informationen zum Weihrauch: www.incens.de

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