Kindertaufe – unbiblisch? „Aus dem Munde von Kindern und Säuglingen schaffst du
dir Lob!" (Psalm 8,3) – Antwort aus katholischer Sicht auf Einwände freikirchlicher
Christen gegen die „Es widerspricht der Bibel, Babys zu taufen!“ Dazu ist zu sagen: Die Taufe von kleinen Kindern
wird in der Bibel gar nicht direkt erwähnt, also weder ausdrücklich verboten
noch geboten. Das Neue Testament berichtet allerdings mehrmals von der Taufe
eines „ganzen Hauses“ (Apostelgeschichte 16,33-34 und öfter). Nach damaligem
Sprachgebrauch sind mit „Haus" auch die Kinder und das Gesinde
mitgemeint. Ausdrücklich genannt wird die Kindertaufe in christlichen
Schriften ab dem 2. Jahrhundert. Sie wird selbstverständlich als
„apostolisch" (der Lehre der Apostel entsprechend) betrachtet. Ihre
Sinnhaftigkeit und Gültigkeit bleiben in altchristlicher Zeit ziemlich
unbestritten. Da es immer mehr christliche Familien gibt, ist im 4. und 5.
Jahrhundert in vielen Gemeinden die Säuglingstaufe bereits der Normalfall. Erst um 1525 traten in Zürich Leute auf, die
meinten, die Kindertaufe widerspreche der Bibel! Seither gibt es auch christliche
Gemeinschaften, welche die Kindertaufe strikt ablehnen. In allen
katholischen, orthodoxen, altorientalischen, anglikanischen und den meisten
evangelischen Kirchen werden allerdings wie in der christlichen Anfangszeit
beide Formen praktiziert: die Erwachsenentaufe und die (in unseren Gegenden
häufigere) Kindertaufe. „Die Taufe muss Ausdruck eines reifen Glaubens sein!“ Es stimmt, dass bei einer Erwachsenentaufe das
Element der eigenen Entscheidung besonders schön zum Ausdruck kommen kann.
Allerdings eine Garantie für eine reife Entscheidung ist das Erwachsensein
nicht! Schon Paulus muss den Korinthern, die wohl alle als Erwachsene getauft
worden sind, vorwerfen, dass sie sich wie unreife Kinder aufführen (1
Korinther 3,1-2). Ob wir also schon als Kinder oder erst als Erwachsene die
Taufe empfangen haben, unser Glaube wird immer noch unfertig unterwegs sein.
Oft werden wir kleinlaut beten müssen: „Mehre unseren Glauben!" (Lukas
17,5) „Kleinkinder können keinen Glauben haben. Daher ist
Kindertaufe sinnlos!“ „Kann jemand denen das Wasser der Taufe
verweigern, die wie wir den Heiligen Geist empfangen haben?“
(Apostelgeschichte 10,47), fragt der Apostel Petrus einmal in einem anderen
Zusammenhang. Dieses Petrus-Wort abwandelnd möchte ich fragen: Kann jemand
denen das Wasser der Taufe verweigern, von denen Jesus selber sagt, dass sie
Reich-Gottes-fähig sind und dass sie sich auf ihre Weise für Gott öffnen und
ihn „annehmen" können (Markus 10,13-16)? Freilich handelt es sich bei
kleinen Kindern noch nicht um einen rational überlegten Glauben. Ein
„persönlicher Glaube", wie er von uns im Erwachsenenalter mit Recht
gefordert wird, ist Kleinkindern sicher nicht möglich. Aber muss man ihnen
deshalb schon jede Offenheit für Gott absprechen? Gottesbeziehung von Säuglingen? Eine beginnende Vertrautheit mit Gott (das
biblische Wort für Glaube heißt „pistis" und
bedeutet primär Vertrauen!)
ist doch nicht abhängig vom Grad der Intelligenz! Genauso wenig wie das
Vertrauen eines Kindes zu seinen Eltern erst dann beginnt, wenn es über seine
Eltern Auskunft weiß und sich öffentlich zu ihnen bekennen kann! Werden „die
Unmündigen“ in der Bibel nicht sogar als Glaubens-Vorbilder genannt?
Offenbart sich Gott nicht gerade solchen, welche die vorbehaltlose Offenheit
von „Unmündigen“ an den Tag legen? (Matthäus 11,25) Gott kann auch ganz
kleine Kinder ins Vertrauen ziehen – und sie können ihm auf ihre Weise
antworten: „Aus dem Munde von Kindern und Säuglingen (!) schaffst du
dir Lob!" (Psalm 8,3). Erziehung im Glauben Dieser von Gott geschenkte Beginn, dieses
Grundvertrauen eines Kindes kann und soll begleitet, gefördert und
„geheiligt" werden durch den bewussten Glauben der christlichen Eltern.
„Eure Kinder sind (durch euch) heilig" (1 Korinther 7,14). Wenn
angenommen werden kann, dass ein Kind in diesem Sinne eine christliche
Erziehung durch erwachsene Christen erfahren wird, darf es daher auch getauft
werden. Wenn nicht, wartet die Kirche ab, welchen Weg das Kind gehen wird.
Die Taufe ist in jedem Lebensalter möglich. Stellvertretender Glaube? Übrigens auch ein erwachsener Christ glaubt nicht
nur aus sich heraus, sondern wird immer auch getragen und gefördert vom
Glauben anderer, letztlich vom Glauben der ganzen Gemeinschaft der Kirche. In
der Bibel spielt auch der stellvertretende Glaube eine wichtige Rolle, zwar
nicht als beliebiger Ersatz für den persönlichen Glauben, aber doch als
mögliche Vorbereitung und Hinführung zu ihm: „Man brachte einen Gelähmten zu
ihm (Jesus); er wurde von vier Männern getragen [...]. Als Jesus ihren
Glauben sah, sagte er zum Gelähmten: Kind deine Sünden sind dir vergeben!“
(Markus 2,3-5). Der Glaube der vier Begleiter verhilft dem gelähmten Freund
zur Vergebung. Und Paulus und Silas ermuntern den Gefängniswärter in
Philippi: „Glaube an Jesus, den Herrn, und du wirst gerettet werden, du –
und dein Haus!“ Der Glaube des einen hilft auch den anderen, bei denen
der Glaube noch gar nicht sichtbar ist. Die Kirche hat seit den Zeiten der Apostel immer
beachtet, dass der Glaube nicht nur in einer „Konfektionsgröße“
vorhanden ist, sondern sehr viel mit Wachstum zu tun hat. Er kann sehr klein
beginnen und wird sich nicht immer zur gleichen Größe entfalten. Oft bleibt
er stark auf den Glauben der Mitchristen angewiesen. Aus diesem Grund hat die
Kirche kleinen Kindern und Menschen mit geistiger Behinderung, wenn sie von
gläubigen Erwachsenen durchs Leben begleitet werden, die Taufe nie
verweigert. „Nur der Glaube ist wichtig,
die Taufe ist (bloß) Bekenntnis zu Gott." „Wer glaubt und sich taufen lässt, wird
gerettet“, lesen wir in Markus 16,16. Beide, Glaube und Taufe, müssen von
großer Wichtigkeit sein, sonst wäre der nachdrückliche Auftrag des auferstandenen Christus an die Jünger, die Taufe
zu spenden (Matthäus 28,19), nicht verständlich. Glaube und Taufe gehören zusammen
und sind entscheidend für unseren Weg zum ewigen Ziel. Sie sind innerlich miteinander
verbunden: Der Glaube drängt zur Taufe, die Taufe zum Glauben! Allerdings
bedeutet das nicht, dass die Taufhandlung und ein intensives subjektives
Glaubenserlebnis auch zeitlich
zusammenfallen müssen. Bei unzähligen Menschen wächst der Glaube
erst nach der Taufe „so richtig", andere haben hingegen schon Jahre vor
ihrer Taufe ein tiefes Glaubenserlebnis gehabt. Unabhängig von der zeitlichen Reihenfolge und dem
subjektiven Empfinden gilt: In der Taufe wird Gottes Liebe zu einem Menschen
auf besondere Weise hörbar,
sichtbar, spürbar
(für Täufling und Gemeinde). Und weil sie „im Namen des Vaters und des
Sohnes und des Heiligen Geistes“ (Matthäus 28,19) vollzogen wird, ist sie
sicher mehr als nur ein Ritus oder eine schöne Bekenntnisfeier. Denn: „Groß an Kraft ist
dein Name." (Jeremia 10,6). Kraftvoll ist daher auch die Taufe im
Namen Gottes. Sakrament, nicht Magie! Die Taufe ist Sakrament
– also ein wirksames Zeichen
der Liebe Gottes. Sie ist eine Tat Gottes. Und was wirkt Gott durch sie? –
Wer getauft ist – so sagt uns die Bibel – „hat Christus als Kleid
angezogen" (Galater 3,27). Durch die Taufe werden die Sünden
„abgewaschen" (Apostelgeschichte 22,16). Sie geschieht „zu eurer
Rettung" (1 Petrus 4,21), „zur Vergebung eurer Sünden – und ihr werdet
empfangen die Gabe des Heiligen Geistes." (Apostelgeschichte 2,38).
Durch dieses Zeichen vermittelt Gott uns also, dass er uns von der Macht des
Bösen befreit und uns seinen Geist und seine Gnade gibt. Gottes Geist wirkt
auf uns ein, damit wir fähig werden, im Glauben
immer besser auf die Liebe Gottes zu antworten. Freilich – und das ist zu
beachten! – lässt Gott uns auch die Freiheit, sein einmaliges und bleibendes
Geschenk nicht „auszupacken". Das Geschenk der Taufe wirkt nicht
automatisch oder magisch, sondern bleibt ohne Glauben fruchtlos liegen!
Glaube und Taufe gehören zusammen! Taufe nur einmal –
Glaubensentscheidungen oftmals Schon die ersten Christen vergleichen die Taufe
mit der Geburt (vgl. Johannes 3,5; Titus 3,5). Wie die biologische Geburt
eines Menschen ein einmaliges
Ereignis ist, so wird der Mensch auch nur
einmal getauft. Akte des Glaubens und der Entscheidung für Jesus Christus
können und sollen hingegen immer wieder gesetzt werden – auch öffentlich und
feierlich. Wie Geburt und
Lebensgestaltung Bei der biologischen Geburt wird uns das
zeitliche Leben geschenkt, wir gehören zu einer bestimmten Familie und sollen
während des Heranwachsens lernen, dieses Leben dankbar anzunehmen, zu lieben
und zu gestalten. Die Taufe ist sichtbares Zeichen der Geburt zum neuen Leben, zum Leben in
Christus. Durch die Taufe wird ein Mensch sichtbar in die Familie der Kirche
eingegliedert und dazu berufen, das neue Leben im Glauben anzunehmen
und fruchtbar werden zu lassen. Auch in diesem Bild wird klar: Taufe und
Glaube gehören zusammen wie Geburt und Lebensgestaltung. Karl Veitschegger (2000) Römische
Glaubenskongregation: Instruktion über die Kindertaufe Zum Schicksal ungetaufter Kinder Zurück zur
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