Johannes der Täufer Gedanken zu einer kantigen Persönlichkeit der jüdischen
Geschichte aus der Sicht des Neuern Testamentes Johannes ist einer, der Gott ernst nimmt. Ja, das Gottesfeuer ist schon früh in sein
Herz gefallen. Es treibt ihn, den Sohn aus angesehener Priesterfamilie, in
die Einsamkeit der Wüste. Hier lebt er „von Heuschrecken und wildem Honig“
(Mk 1,6). Hier begegnet er Gott. Als unerträglich empfindet Johannes die
Spannung zwischen der Heiligkeit Gottes und der Hartherzigkeit und
Verlogenheit der Menschen. Er ist überzeugt: Schon bald wird sich diese
Spannung in einem schrecklichen Gewitter göttlichen Zornes entladen. Nur
Bekehrung kann davor retten. Deshalb ruft er am Ufer des Jordans die Menschen
mit scharfen Worten zur Lebensänderung auf, den Reumütigen bietet er die Bußtaufe an (vgl. Lk 3). Johannes
ist einer, der sich zurücknehmen kann. Eines Tages kommt Jesus an den Jordan.
Johannes erkennt ihn als den, den Gott gesandt hat. Aber er kann nicht
verstehen, warum Jesus sich in die Reihe der Sünder stellt und sich taufen
lassen will (vgl. Mt 3,13ff). Wäre es nicht besser, Jesus würde im Namen
Gottes Feuer auf die Erde werfen? Aber Gottes Gerechtigkeit geht offenbar
andere Wege. Johannes muss sich und seine Vorstellungen zurückzunehmen.
Neidlos erkennt er: Jetzt ist Jesus am Zug. „Er muss wachsen, ich aber muss
kleiner werden.“ (Joh 3,30) Darin liegt Größe. Johannes
ist einer, der die Dinge beim Namen nennt. Den Mund hat er sich nie verbieten lassen.
Er kritisiert nicht nur die einfachen Leute aus dem Volk, sondern auch
Tempelpriester und Gesetzeslehrer. Zuletzt greift er sogar den Fürsten
Herodes an (vgl. Lk 3,19). Dieser hat die Frau seines Bruders geheiratet, was
der Tora widerspricht. Johannes will nicht gelten lassen, dass sich die
Herrschenden ihre eigene Moral machen. Dagegen protestiert er. Aber die Macht
schlägt zurück. Johannes
ist einer, der Zweifel zulässt. Johannes wird
verhaftet und in den Kerker geworfen. Das Leben im Gefängnis setzt ihm arg
zu. Trübe Gedanken quälen ihn: Wo ist der gerechte Gott? Warum wartet er mit
seinem Zorngericht noch immer zu? Und was will Jesus eigentlich? Er schickt
Freunde zu Jesus, damit sie ihn fragen: „Bist du der, der kommen soll, oder
müssen wir auf einen andern warten?“ Und Jesus antwortet: „Geht und berichtet
Johannes, was ihr hört und seht: Blinde sehen wieder und Lahme gehen;
Aussätzige werden rein und Taube hören; Tote stehen auf und den Armen wird
die Frohbotschaft verkündet.“ (Mt 11,3ff) Nicht die Bestrafung der Menschen
ist Gottes Ziel, sondern ihre Heilung. Der Arzt ist jetzt vonnöten, nicht der
Scharfrichter. Denn nur wer Zuwendung und Liebe erfahren hat, kann selbst
Liebe schenken und wird fähig, verantwortungsvoll zu leben. Es stimmt zwar,
dass Gott die Menschen zur Verantwortung ziehen wird, aber zuerst sollen sie
lernen, was Liebe ist. Johannes
ist einer, der offen ist für Neues. So lernt Johannes gegen Ende seines
Lebens, bevor ihm ein Knecht des Herodes das Haupt abschlägt, noch eine ganze
Menge von Gott. Vermutlich ist er Gott jetzt näher als in der Wüste. Und
vielleicht versteht er erst jetzt, warum ihm seine Eltern auf Geheiß des
Himmels den Namen „Johannes“ gegeben haben (vgl. Lk 1,13 u. 62.) Denn
„Johannes“ bedeutet: Gott ist gnädig, er neigt sich den Menschen in Liebe zu (Die katholische
Kirche feiert das Geburtsfest des hl. Johannes des Täufers am 24. Juni,
seiner Enthauptung gedenkt sie am 29. August; Johannesfeuer sind im Abendland
seit dem 9. Jh. nachweisbar) Karl
Veitschegger (2003)
Peter-Gerloff-Lied: Johannes der Täufer Johannes der
Täufer – kurze Notizen Zurück zur Startseite von Karl Veitschegger Zurück zum Menü „Meine Artikel, Referate,
Skizzen ...“ |