Karl Veitschegger (2009/2023) War Jesus katholisch? In
gewissem Sinn ja Wenn man „katholisch“ wie „evangelisch“ und
„orthodox“ als Konfessionsbezeichnung versteht, muss man sagen: nein. Denn
christliche Konfessionen gab es zur Zeit Jesu noch nicht. Anders ist es, wenn
man von der ursprünglichen
Bedeutung des Wortes „katholisch“ ausgeht: universal, offen für alle, aus
der Fülle Gottes lebend. In diesem Sinn war Jesus ohne Zweifel
„katholisch“. Aus der Fülle „Aus seiner Fülle haben wir alle
empfangen“, sagt das Johannesevangelium (1,16) über Jesus. Weniger feierlich
ausgedrückt: Jesus hat uns Menschen alles gebracht, was wir brauchen, um
sinnvoll glauben und lieben, leben und sterben zu können. Die christliche
Kirche ist immer nur in abgeleiteter Weise katholisch. Sie hat den Auftrag,
die in Jesus Christus geschenkte Fülle allen Menschen aller Zeiten
und Orte weiterzugeben: „Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet
das Evangelium der ganzen Schöpfung!“ (Mk 16,15)
Dass sie dabei gegen den Willen Jesu oft engstirnig geworden ist und die
Freiheit der Menschen nicht immer hinreichend respektiert hat, gehört zum
Schatten ihres Wirkens und trübt ihre praktische Katholizität. Katholizität Die katholische Kirche weiß, dass auch
in anderen christlichen Kirchen und Konfessionen das Bemühen um die
Katholizität im ursprünglichen Sinn lebendig ist. Sie arbeitet mit ihnen
ökumenisch zusammen und lernt viel von ihnen. Andererseits zählt sie manches
zur unverzichtbaren Fülle des Katholischen, was andere Konfessionen für
entbehrlich oder gar falsch halten (z. B. das Bischofsamt, wie es sich schon
in der Frühzeit der Kirche entfaltet hat; die Untrennbarkeit von Eucharistie
und geistlichem Amt; den Glauben an die wirkliche und dauerhafte Gegenwart
Christi in den eucharistischen Gaben; den universalen Petrusdienst usw.).
Solche Unterschiede sind derzeit (noch) schmerzliche Hindernisse auf dem Weg
zur vollen christlichen Einheit. Werden sie eines Tages überwunden sein oder
so verstanden werden können, dass sie die Kirchen nicht mehr voneinander
trennen? Viele hoffen das. Jesus – katholisch, evangelisch und orthodox Geht man vom ursprünglichen Sinn der
Konfessionsbezeichnungen aus, kann man sagen: Jesus ist nicht nur „katholisch“,
sondern auch „evangelisch“, denn er hat das Evangelium verkündet, und auch
„orthodox“, denn von ihm kann man lernen, wie man Gott so „richtig“ vertraut
und ihn „in rechter Weise“ verehrt (das griechische Wort „orthodoxia“
bedeutet sowohl „Rechtgläubigkeit“ als auch „richtige Verehrung“). Zurück zur
Startseite von Karl Veitschegger Zurück zum
Menü „Artikel, Referate, Skizzen ...“ Karl Veitschegger © 2009 |