Karl Veitschegger (2005) Fromme Gedanken
über den Wein Eine
Weinpredigt 500 x in der Bibel „Gepriesen
bist du Herr, unser Gott, Schöpfer der Welt. Du schenkst uns den Wein, die
Frucht des Weinstockes und der menschlichen Arbeit…“ Mit diesen Worten dankt
der katholische Priester bei jeder Messe, wenn er den Kelch für die
Eucharistie bereitet, im Namen aller Mitfeiernden Gott für die Gabe des
Weines. Über 500mal ist in der Heiligen Schrift von Wein, Weinberg,
Weinstock, Winzer, Reben und Trauben die Rede. Allein dieser Befund ist
beeindruckend und zeigt, welch große Bedeutung die Bibel dem Wein beimisst.
Im sonnigen und trockenen Heiligen Land wird seit Jahrtausenden erfolgreich
Weinbau betrieben. Und obwohl einige ihrer Sprüche und Erzählungen
eindrucksvoll vor missbräuchlichem Weingenuss warnen, sieht die Heilige
Schrift in der Frucht des Weinstockes doch primär eine gute Gabe Gottes. So
findet sich im Buch der Psalmen der oft und gern zitierte Vers: „Der Wein
erfreut des Menschen Herz.“ (Psalm 104,15) Zum
Gewächs des Weinstockes gehören die Wurzeln, der Stock und die Rebzweige mit
den Trauben, aus denen schließlich der begehrte Trank gewonnen wird. Das hat
Menschen immer wieder angeregt, darüber zu meditieren und darin auch eine
Gleichnisbotschaft für ihr Leben zu finden: Tiefe Wurzeln Wie
ein Weinstock Wurzeln hat, die oft viele Meter tief in die Erde reichen, so
bedarf auch jeder Mensch, wenn sein Leben dauerhaft gelingen soll, einer
Verankerung in der Tiefe. Das Wort „Spiritualität“ ist in den letzten Jahren
wieder in Mode gekommen. Recht verstanden meint es die Haltung eines
Menschen, nicht an der Oberfläche zu bleiben, sondern in die Tiefe zu gehen
und aus der Tiefe zu leben. Und die tiefste Tiefe unseres Lebens ist niemand
anderer als Gott: Gott, der uns in Jesus Christus sein menschliches Antlitz
gezeigt hat. Im Kolosserbrief des Neuen Testamentes werden die Christen
eindringlich an diese Tiefendimension erinnert: „Ihr habt Christus Jesus als
Herrn angenommen […], bleibt in ihm verwurzelt!“ (Kolosser 2,7) „Ich bin der
Weinstock ...“ Aus
den Wurzeln erhebt sich der Rebstock. Er kann mitunter so dick wie ein
Baumstamm werden und besteht aus sehr hartem Holz. Deshalb gilt der Rebstock
in der Bibel auch als Baum. Ein Baum ist fest und doch lebendig. Er strahlt
Ruhe aus und ändert sich doch. Beides ist auch in unserem Leben wichtig:
Festigkeit und Wachstum, Ruhe und Veränderung. Das englische Wort für Baum –
„tree“ – hat dieselbe Wurzel wie das deutsche Wort „Treue“. Treu sein heißt,
fest sein, fest in Gott stehen, fest zu sich selbst und zu den Mitmenschen
stehen, aber daran zu wachsen, sich zu entfalten. Im Johannesevangelium
vergleicht sich Christus selbst beim letzen Zusammensein mit seinen Jüngern
vor seinem Tod mit einem Weinstock (vgl. Johannes 15). Wer sich an ihn hält,
ist gehalten. Nicht gefangen, nicht gefesselt! Aber gehalten und geborgen, um
lebendig, produktiv und kreativ sein zu können – biblisch gesprochen: um
Frucht zu bringen: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir
bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht.“ (Johannes 15, 5) Reiche Frucht Das
Ziel des Weinstockes ist die Frucht, sind die Trauben, aus denen der Wein
gekeltert wird. Der Weinstock lehrt uns: Ein Leben, das nur sich selbst
gehören will, verfehlt sein Ziel. Es bleibt ein trostloses Gewächs. Christus
sagt: „Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht“.
Und er hat als Mensch sein Leben so gelebt, dass andere durch ihn auf den
Geschmack des wahren Lebens gekommen sind. Einsame Leben, verfahrene Leben,
kranke Leben, zerstörte Leben haben in seiner Nähe Freundschaft, Vergebung,
Heilung und Erfüllung gefunden. Wer, wenn nicht er, kann mit vollem Recht von
sich sagen: „Ich bin das Leben!“ (Johannes 11,25) Lebenskraft Wer
so lebendig ist, den kann auch der Tod nicht niederhalten. Wer so lebendig
ist, dessen Sterben wird wieder zur Quelle neuen Lebens. Hingerichtet am
Kreuz, ausgepresst wie eine Traube, wird Christus zum österlichen „Urheber
des Lebens“ (Apostelgeschichte 3,15). In jeder Eucharistiefeier will er uns
Anteil geben an der Fülle seines Lebens, indem er an uns sein Blut
verschenkt, seine Lebenskraft, sich selbst – und zwar in der Gestalt des
Weines. Dies ist die größte Botschaft, die uns der Wein, der auch in vielen
nichtchristlichen Kulturen zum Sinnbild des Lebens geworden ist, geben kann. Mit
den Worten der katholischen Liturgie will ich schließen: „Gepriesen bist du
Herr, unser Gott, Schöpfer der Welt. Du schenkst uns den Wein, die Frucht des
Weinstockes und der menschlichen Arbeit. Wir bringen diesen Kelch vor dein
Angesicht, damit er uns der Kelch des Heils werde. – Gepriesen bist du in
Ewigkeit, Herr, unser Gott.“ Karl
Veitschegger (2024) Heilige
Verwechslung Papst Urban In
der Kirche in Baden bei Wien habe ich kürzlich eine Statue von ihm entdeckt: Papst
Urban I. An der Tiara auf dem Haupt und einer Weintraube in seiner Hand
erkenne ich rasch jenen Heiligen, der in unseren Breiten als Patron des
Weines und der Winzer und Winzerinnen gilt (Gedenktag: 25. 5.). Er war unter
Kaiser Alexander Severus Bischof der Christengemeinde in Rom und ist im Jahr
230 (vielleicht als Märtyrer) gestorben. Warum ist er
Weinpatron? Als
Papst wird er auch Wein getrunken haben, zumindest wenn er Eucharistie
gefeiert hat, aber sein Wein-Patrozinium verdankt er einer Verwechslung mit
einem anderen heiligen Bischof gleichen Namens: Urban von Langres
(gestorben um 375). Und schuld an der Verwechslung ist der Wein. Der ursprüngliche
Wein-Urban Denn
dieser Urban von Langres (Gedenktag: 2. 4., aber im Volk oft auch am 25. Mai
gefeiert) soll sich vor seinen Verfolgern hinter einem Weinstock versteckt
haben und wird deshalb mit Weintrauben oder einem Weinstock dargestellt. Das
machte ihn zum Patron des Weinbaues, besonders in der Gegend um Langres. Da
konnte es unter Menschen, die früher großteils Analphabeten waren, schon sehr
leicht zu einer Verwechslung und in der Folge zu einer Verdoppelung kommen. Aller guten Dinge
sind drei Und
dann gibt es noch einen dritten Weinheiligen dieses Namens, den Mönch Urban
aus dem siebten Jahrhundert, der im Neckartal das Evangelium gepredigt
und nebenbei auch den Württembergischen Weinbau initiiert haben soll. Man hört,
dieser St. Urban habe die Reformation gut überlebt und sei auch ein
evangelischer Heiliger. Also
ein dreimal heiliges Prost! Karl
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