Karl Veitschegger (1979)

 

Muss man am Sonntag in die Kirche gehen?


 

Sonntag. Endlich einmal länger schlafen. Gut essen. Wegfahren. Wunderbar! Und da für katholische Christen und Christinnen dieses Kirchengebot: Gehe zur Sonntagsmesse! (Und manch einer denkt vielleicht sogar: Die Kirche versauert einem alles.)

 

„Dient dem Herrn in Fröhlichkeit!" (Psalm 100,2)

So heißt es in einem uralten Lied. Wer sich nicht darüber freuen kann, dass es Gott gibt, für den wird die Sonntagsmesse bald zur lästigen Pflicht. Er geht grantig in die Kirche oder gar nicht mehr. Er wird sicher genug Gründe finden wegzubleiben. Wichtiger wäre die Frage: Habe ich die Freude an Gott verloren?

Wer sich darüber freut, dass er Christ/Christin sein darf, wird gern zur Messe gehen (auch wenn ihm die konkrete Messgestaltung nicht immer gefällt). Das Kirchengebot ist ihm eine Hilfe, die Freude an Gott nicht durch Trägheit und Laune zu verlieren.

 

Gemeinsam feiern

Natürlich kann man auch „im Wald und auf der Heide" zu Gott beten, und das Gebet im Verborgenen wird von Jesus selbst gelobt und praktiziert (vgl. Matthäus 6,6), aber der Mensch lebt immer auch von den Anderen und für die Anderen, erst recht vor Gott. Wer den gemeinsamen Gottesdienst auf die Dauer vernachlässigt, dessen Glaube droht zu verkümmern. Vielleicht langsam. Auch eine abgerissene Blume verwelkt nicht sofort. Seit der Zeit der Apostel versammeln sich Christinnen und Christen am Sonntag (zuerst in Privathäusern, später in Kirchen), um sich gemeinsam darüber zu freuen, dass Jesus (an einem Sonntag) auferstanden ist, dass die Liebe Gottes stärker ist als der Tod.

 

Er selbst ist da

In den gottesdienstlichen Versammlungen der Christinnen und Christen wird nicht bloß eine Idee oder abstrakte Wahrheit verkündet oder gefeiert, sondern – das ist ihre Überzeugung – der Gekreuzigte und Auferstandene tritt selbst in ihre Mitte: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“ (Matthäus 18,20). Er lädt ein, er spricht durch die Worte der Heiligen Schrift, er schenkt sich in den Gestalten von Brot und Wein. Wer zum Gottesdienst kommt, der kommt zu ihm – und zu seinen Brüdern und Schwestern.

 

Muss man also doch hingehen?

Im Neuen Testament wird die Grunderfahrung der Christinnen und Christen einmal so zusammengefasst: „Wir haben die Liebe, die Gott zu uns hat, erkannt und an sie geglaubt." (1 Johannes 4,16) Deshalb gehen wir auch zum Gottesdienst. Ob man „muss"?

 

(Beitrag in „Brief vom Kalvarienberg“ Juni 1979)

 

Karl Veitschegger (1979)

 

Artikel im Sonntagsblatt

 

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