Karl Veitschegger (2018) Die
Sakramente aus katholischer Sicht Theologische Skizze von
Karl Veitschegger für ökumenischen Workshop Schöpfung, Leben, Geschichte
als „sakramentale“ Wirklichkeiten ►
„Sakrament“ im weitesten Sinn: eine
sinnlich wahrnehmbare Wirklichkeit (Ding, Ereignis, Handlung) macht offen für
das Heilige (sacrum). – „Allgemeiner
Heilswille Gottes“: Gott kommt Menschen heilsam entgegen: „semina Verbi“ – auch in anderen
Religionen ►
„Gott in allen Dingen finden“ (Ignatius v. L.) – „Seit Erschaffung
der Welt wird seine unsichtbare Wirklichkeit an den Werken der Schöpfung […]
wahrgenommen.“ (Röm 1,20) ►
„Natur-Sakramente“ (J. Ratzinger): Geburt, Tod, geschlechtliche
Gemeinschaft und Mahlzeit zeigen Abhängigkeit und Verdanktheit einem Größeren
gegenüber. ►
Geschichte als „Sakrament“ (Gotteserfahrung): „Jitro sagte: Gepriesen
sei JHWH, der euch aus der Hand der Ägypter und des Pharaos gerettet hat. Jetzt weiß ich: JHWH ist größer als alle Götter.“ (Ex 18,11) – Das
hebräische dabar bedeutet „Wort“ und „Ereignis“. Das Wort erinnert,
deutet, wirkt, wandelt! – „Sakramente des Alten Bundes“ Jesus - unser Ursakrament ► „Gott ist […] wirksam und
gegenwärtig in allen Dingen; in keinem freilich so wie in Jesus, dem Unvergesslichen
aus Nazaret, dem gottdurchlässigen Menschen schlechthin.“ (Gotthard Fuchs) ► „Das Reich Gottes ist nahe!“
(Mk 1,15) – Jesus verkündet, lebt und „verkörpert“ diese Botschaft. „In ihm
wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig" (Kol 2,9). Er ist das Ursakrament (Kol 2,2: mysterion tou Theou/scramentum Dei), das deutlichste, untrüglichste, wirksamste Zeichen der Liebe
Gottes. Er bringt den Menschen das „Leben in Fülle“ (Joh 10,10). Kirche als Grundsakrament ►
„Ich bin bei euch alle Tage bis zum
Ende der Welt!" (Mt 28, 20) – „Wer euch hört, hört mich.“ (Lk 10,16) –
„Ihr seid der Leib Christi!“ (1 Kor 12,27) – „Er ist das Haupt des Leibes,
der Leib ist die Kirche.“ (1Kol 1,18) – Die Gemeinschaft der Kirche versteht
sich als „Leib“, durch den der Auferstandene „hörbar", „sichtbar",
„greifbar" in der Welt wirkt. ► Trotz menschlicher
Sündhaftigkeit ist die Kirche in Christus „Zeichen und Werkzeug“ der Liebe
Gottes, „universales Heilssakrament“ für alle Menschen. (II. Vaticanum, LG 1
u. 48) Die sieben Sakramente der Kirche ► Die katholische Kirche feiert
sieben Sakramente (auch Mysterien, Heilszeichen, Gnadenmittel genannt) als Konkretionen
des Christus-Heiles für bestimmte Lebenssituationen. Taufe und Eucharistie
sind dabei sacramenta maiora
(Hauptsakramente). ► Sakramentsbegriff und Siebenzahl
wurden im 12./13. Jahrhundert festgelegt – zur Unterscheidung von anderen
kirchlichen Feiern und Bräuchen (Sakramentalien). ►
Sakramente sind
(1.) sinnlich wahrnehmbare Zeichen,
durch die (2.) Gnade und Heil zugesprochen
und geschenkt werden und die (3.) ihren Ursprung
in Jesus Christus haben: in seinem Wirken und Heilswillen („Einsetzung“).
Die Kirche nimmt diese vom Herrn gewollten Heilszeichen dankbar an,
überliefert sie im Kern treu weiter und gestaltet und feiert sie entsprechend
den Erfordernissen der jeweiligen Zeit. ►
Sie sind wirksame
Zeichen der Liebe und Nähe Gottes. Sie bewirken,
was sie bezeichnen und verkünden (verba
visibilia). Christus selbst handelt durch den Heiligen Geist in den Sakramenten –
als Retter, Freund, Gastgeber, Arzt, Hirte, Lebensbegleiter … Augustinus: „Christus est, qui
baptizat; Christus est, qui consecrat…" ►
Die Sakramente sind Zeichen der Hoffnung.
Sie werden gefeiert, bis dieses Feiern „seine Erfüllung findet im Reiche
Gottes“ (Lk 22, 16) und „Gott alles in allem“ (1 Kor 15,28) ist. Beliebte Einteilung ► Sakramente der Eingliederung (christliche Initiation,
Hineinwachsen in das christliche Leben): Taufe,
Firmung und Eucharistie ► Sakramente der Heilung: Buße (Feier der Versöhnung, „Beichte“) und Krankensalbung ► Sakramente dauerhafter Berufung (Dienste an der Gemeinschaft): Weihe zum geistlichen Amt (Bischof
Priester, Diakon) und Ehe. Biblisch bezeugte Heilszeichen Von der Taufe
mit Wasser sagt das Neue Testament, dass sie uns heilsam mit dem Schicksal
Jesu im dreifaltigen Gott verbindet (Röm 6,3–4; Mt 28,19) und Vergebung der
Sünden bringt (Apg 2,38). Durch Handauflegung können bereits Getaufte
besonders mit dem Heiligen Geist gesalbt und gestärkt (= gefirmt) werden (Apg 8,17; vgl. auch Hebr 6,2). In der Feier des Herrenmahles wird uns in den Gestalten von Brot und Wein
intensive Gemeinschaft mit Christus, mit seinem Leib und seinem Blut,
geschenkt (1 Kor 10,16; Mt 26,26-28 u. par.; Joh 6,54-56). Auch bleibende Gnadengaben, um wichtige Dienste für die Gemeinde ausüben zu
können, werden mittels Handauflegung verliehen (1 Tim 4,14 und 5,22; 2 Tim
1,6; Apg 14,23). Wenn Christen Hochzeit feiern, dann soll dies „im
Herrn“ (1 Kor 7,39) geschehen, weil die Ehe
seit Christus auch sichtbares Zeichen seiner Liebe zur Kirche ist (Eph
5,31-32). Von Christus stammt der Auftrag an die Apostel
(und ihre Nachfolger) zur Sündenvergebung:
„Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben…“ (Joh 20,23). Und dass die Leiter der Christengemeinden „im
Namen des Herrn“ Kranke mit Öl salben
sollen, steht im Jakobusbrief (5,14; vgl. auch Mk 6,13). Sakramente – Zeichen der Treue und des Glaubens ► Das lateinische Wort sacramentum bezeichnete in der Antike
den Fahneneid, also eine Feier der Treue. Auch die christlichen Sakramente
sind Zusagen der Treue, vor allem der Treue Gottes: Gott hält, was er im
Sakrament durch Zeichen und Wort verspricht! ► Die Heilswirksamkeit der Sakramente hängt nicht von der Würde des
Spenders (minister) ab (ex opere operantis), sondern von der
Zusage Gottes im Sakrament (ex opere
operato). Sakramente wirken aber nicht automatisch. Sie können nur
fruchtbar werden, wenn sie in rechter Gesinnung und im Glauben (Disposition) angenommen werden. Eucharistie
– aus katholischer Sicht „Während des Mahls nahm er das
Brot und sprach den Lobpreis [eulogesas];
dann brach er das Brot, reichte es ihnen und sagte: Nehmt, das ist mein Leib.
Dann nahm er den Kelch, sprach das Dankgebet [eucharistesas], reichte ihn den Jüngern und sie tranken alle
daraus. Und er sagte zu ihnen: Das ist mein Blut, das Blut des Bundes, das
für viele vergossen wird.“ (Markus 14,17–25) ►
Katholischer Glaube sagt: Wenn
Christen und Christinnen sich zur Messe versammeln,
ist Jesus in ihrer Mitte als Gastgeber zugegen. ►
Sie hören im Wortgottesdienst auf sein Wort (Heiligen Schrift, Predigt) ►
Sie vereinigen sich in der Eucharistiefeier mit seinem Dank und
Lobpreis (griech. eucharistia), mit
seiner Fürbitte und Hingabe an den Vater. ►
Im Hochgebet, gesprochen
vom Leiter der Feier (Priester), werden Brot
und Wein durch die Kraft des Heiligen Geist und die Worte Christi zu Leib und Blut Christi. „Tut dies zu meinem Gedächtnis!“ (1 Kor
11,24) – Die Feiernden gedenken der Erlösung und werden so mit dem Opfer und Ostergeheimnis Christi vereinigt, in dem er „ein für alle Mal“ (Hebr 7,27) Versöhnung mit Gott erwirkt und
durch seine Liebe alles Böse prinzipiell überwunden hat: „Deinen Tod, o Herr, verkünden wir und deine Auferstehung preisen
wir, bis du kommst in Herrlichkeit.“ (Liturgie ist keine Wiederholung des
Heilsgeschehens, sondern memoria, repraesentatio applicatio, immer neues
Gegenwärtig- und Wirksamwerden des einmal Geschehenen!) ►
Die Feiernden empfangen in der Kommunion unter den Gestalten von Brot und Wein Jesus selbst, der als
Auferstandener für immer lebt. Kommunion (lat. communio = Gemeinschaft) meint hier Gemeinschaft in Christus und
durch Christus mit Gott und den Mitmenschen. ►
Im Wort Messe steckt das lateinische missio
(Sendung). Wer Christi Leib und Blut empfangen hat, ist dazu gesandt, im
Alltag Christus nachzufolgen und in seinem Geist zu handeln. Eucharistie: Realpräsenz Christi als Personalpräsenz Joseph
Ratzinger (1967): Anwesend ist „seine durch das
Kreuz hindurchgegangene Liebe, in der Er sich selbst (die ,Substanz' seiner
selbst): sein von Tod und Auferstehung geprägtes Du als Heil schaffende Wirklichkeit
uns gewährt." Bruno Forte (2005): „Im Fragment der eucharistischen Zeichen ist die
Gesamtheit dessen, der die gekreuzigte und auferstandene Liebe in Person ist,
da, um sich zu verschenken." Bleibende
Gegenwart Das von der Messe übrig gebliebene
eucharistische Brot wird in katholischen Kirchen in einem Tabernakel
(Schrank), vor dem ein rotes Licht („Ewiges Licht") brennt, aufbewahrt.
So kann Christus in der Gestalt des Brotes auch außerhalb der Messe verehrt
und Kranken und Sterbenden ins Haus gebracht werden. Amt und Eucharistie Eucharistie ist nicht „Produkt“ der Gemeinde,
sondern Initiative und Geschenk von
Christus, dem Haupt der Kirche. Sakramentales Zeichen dafür ist der
ordinierte (geweihte) Amtsträger (Priester), durch den die Gemeinde sakramental
mit dem Bischof und dem apostolischen Ursprung der Kirche (Weihe-Sukzession) und mit der ganzen
Weltkirche verbunden ist. Texte aus der Ökumene zu Eucharistie und Amt Luthers
kleiner Katechismus „Was ist das Sakrament des Altars? – Es ist der wahre
Leib und Blut unsers Herrn Jesus Christus, unter dem Brot und Wein uns
Christen zu essen und zu trinken von Christus selbst eingesetzt.“ Johannes Calvin, Kleiner Abendmahlstraktat „Darin liegt, kurz gesagt, der Nutzen des Abendmahls, dass
uns in ihm Jesus Christus dargereicht wird, damit wir ihn besitzen und in
ihm die ganze Fülle der Gnadengaben.“ . Leuenberger Konkordie (1973) „Im Abendmahl schenkt sich der auferstandene Jesus
Christus in seinem für alle dahingegebenen Leib und Blut durch sein
verheißendes Wort mit Brot und Wein. Er gewährt uns dadurch Vergebung der
Sünden und befreit uns zu einem neuen Leben aus Glauben. Er lässt uns neu
erfahren, dass wir Glieder an seinem Leibe sind. Er stärkt uns zum Dienst an
den Menschen. Wenn wir das Abendmahl feiern, verkündigen wir den Tod Christi,
durch den Gott die Welt mit sich selbst versöhnt hat. Wir bekennen die Gegenwart
des auferstandenen Herrn unter uns. In der Freude darüber, dass der Herr zu
uns gekommen ist, warten wir auf seine Zukunft in Herrlichkeit.“ Taufe, Eucharistie und Amt. Konvergenzerklärungen der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung des ÖRK
(1982) „[D]as eucharistische Mahl ist das Sakrament des Leibes und Blutes Christi,
das Sakrament seiner wirklichen Gegenwart (Realpräsenz). Christus erfüllt
sein Versprechen, bis zum Ende der Welt immer bei den Seinen zu sein, in
vielfältiger Weise. Doch die Art der Gegenwart Christi in der Eucharistie ist
einzigartig. Jesus sagte über dem Brot und dem Wein der Eucharistie: „Dies
ist mein Leib . . . dies ist mein Blut.” […] Die Kirche bekennt Christi
reale, lebendige und handelnde Gegenwart in der Eucharistie. [… ] Kommentar: Viele Kirchen glauben, dass […] Brot und Wein der Eucharistie
in einer wirklichen, wenngleich geheimnisvollen Weise der Leib und das Blut
des auferstandenen Christus werden, d. h. des lebendigen Christus […]. Einige
andere Kirchen bejahen zwar eine wirkliche Gegenwart Christi bei der
Eucharistie, doch sie verbinden diese Gegenwart nicht so bestimmt mit den
Zeichen von Brot und Wein. Den Kirchen ist die Entscheidung überlassen, ob
dieser Unterschied innerhalb der im Text selbst formulierten Konvergenz Raum
finden kann.“ (Eucharistie 13) „Besonders in der eucharistischen Feier ist das ordinierte Amt der sichtbare
Bezugspunkt der tiefen und allumfassenden Gemeinschaft zwischen Christus und
den Gliedern seines Leibes. In der Feier der Eucharistie sammelt, lehrt und
erhält Christus die Kirche. Es ist Christus, der zum Mahl einlädt und ihm
vorsteht. In den meisten Kirchen wird diese Leitung durch einen ordinierten
Amtsträger bezeichnet und repräsentiert.“ (Amt 14) „Der Diener
(minister) der Eucharistie ist der Botschafter, der die göttliche
Initiative repräsentiert und die Verbindung der Ortsgemeinde zu den anderen
lokalen Gemeinschaften in der universalen Kirche zum Ausdruck bringt."
(Eucharistie 29) Aus
der lutherischen Tradition zu Sakrament und Amt „Denn in den Sakramenten handelt, redet, wirkt durch den Priester
dein Gott, Christus selbst, mit dir; da geschehen nicht Menschenwerke oder
-worte, da verspricht dir Gott selbst alle Dinge, die soeben von Christus
gesagt wurden." (Martin Luther, 1519 in seinem "Sermon von der
Bereitung zum Sterben") „Es nimmt den Sakramenten nicht ihre Wirksamkeit,
dass sie durch Unwürdige gehandelt werden, denn diese repräsentieren die Person Christi wegen ihrer Berufung
durch die Kirche. Sie repräsentieren nicht ihre eigenen Personen, wie
Christus bezeugt: Wer euch hört, hört mich. Wenn sie das Wort Christi, wenn
sie die Sakramente darreichen, reichen sie sie in Stellvertretung Christi dar." (Apologie der
Augsburgischen Konfession,1531) Ratzinger über das lutherische Abendmahl „Eine am
Sukzessionsbegriff orientierte Ekklesiologie, wie sie in der katholischen
Kirche gilt, muss keineswegs eine Heil schaffende Gegenwart des Herrn im
lutherischen Abendmahl leugnen." (Joseph Kardinal Ratzinger in einem
Brief an den bayrischen Landesbischof Johannes Hanselmann 1993) Zurück zur Startseite von Karl Veitschegger Zurück zum Menü "Artikel,
Referate, Skizzen ..." Karl Veitschegger © 2018 |