7 x Morgengedanken im
ORF Vom 4.8.–10.8.2013 ausgestrahlt von
den ORF-Landesstudios Zum Hören: http://religion.orf.at/radio/stories/2596061/ http://religion.orf.at/radio/stories/2596074/ http://religion.orf.at/radio/stories/2596079/ http://religion.orf.at/radio/stories/2596080/ http://religion.orf.at/radio/stories/2596083/ http://religion.orf.at/radio/stories/2596088/ http://religion.orf.at/radio/stories/2596090/ Zum Nachlesen: SONNTAG Sonntag
– der heutige Tag hat in der deutschen Sprache seinen Namen von der Sonne. Die
meisten Menschen freuen sich, wenn es am Sonntag tatsächlich sonnig ist, also
schönes Wetter gibt. Zugleich kennen viele das Verslein: „Trag Sonne im
Herzen, ob`s stürmt oder schneit …“ Wir wissen, dass es nicht nur auf die
astronomische Sonne ankommt, damit ein Sonntag gelingt. Es
gibt noch eine „andere Sonne“. Gegen sie brauchen wir keinen Sonnenschutz.
Denn sie soll uns unter die Haut gehen. Und wir können sogar mithelfen, damit
sie uns unter die Haut geht: die Sonne der Freundlichkeit und Freundschaft,
die Sonne der Freude und Erholung, die Sonne der Dankbarkeit und der
Besinnung. Gläubige
verschiedener christlicher Kirchen feiern den Sonntag auch als Tag der
Auferstehung, weil sie an die Sonne der Liebe Gottes glauben, an die Sonne,
die jedes Dunkel erhellen kann, sogar die Nacht des Todes. Ob wir
mit dem Wetter heute zufrieden sind oder nicht, öffnen wir uns auf jeden Fall
dieser „Sonntags-Sonne“ – und spüren wir die Kraft des Lebens. TOD – HOFFNUNG
(Montag) Meine
erste Erfahrung mit dem Tod habe ich als kleines Kind gemacht. Morli, meine
Katze, ist vor unserem Haus von einem Auto überfahren worden. Mein Vater hat
die tote Katze in einen großen Papiersack gegeben und bis zur Entsorgung
musste ich vor dem Haus den Sack bewachen. Da ist
eine Frau vorbeigekommen und hat mich ahnungslos gefragt: „Kleiner Bub, was
hast du denn da in dem großen Sack?“ Die Frage hat mich mitten ins Herz
getroffen. Ich habe den Namen meiner Katze geflüstert und schon sind dicke
Tränen über mein Gesicht gekollert. Erstmals habe ich gespürt, was es heißt,
von einem geliebten Lebewesen durch den Tod getrennt zu sein. Es hat sehr
wehgetan. War
meine Katze jetzt für immer weg? Die Frage, ob es auch für sie einen Himmel
gibt, wollten meine Eltern damals nicht beantworten. Unser Pfarrer auch
nicht. Viel
später habe ich in der Bibel gelesen: Alles ist durch Gott und auf ihn hin
geschaffen. (vgl. Kol 1,16) – Auf IHN hin! Wenn das stimmt, haben alle
Geschöpfe ihr letztes Ziel in Gott. Auch mein Morli. ANGST (Dienstag) Unsere
zweite Tochter hat als Volksschulkind, obwohl sie eine gute Schülerin war,
eine Zeitlang Angst vor der Schule gehabt. Daher hat Sie mich gebeten, sie
auf dem Schulweg zu begleiten. So sind wir längere Zeit Tag für Tag ein Stück
des Weges gemeinsam gegangen – sie zur Schule, ich zur Arbeit. Eines
Morgens war sie plötzlich unbeschwert und glücklich. Den Grund dafür hat sie
mir so erklärt: „Vielleicht hat der liebe Gott die Angst in den Himmel
genommen und sie geputzt, bis sie geglänzt hat, und dann ist sie eine Freude
geworden.“ Überrascht von dieser kindlichen Poesie und dankbar, dass meine
Tochter wieder heiter war, habe ich mir diesen Satz notiert. Auch
ich habe in meinem Leben an vielen Ängsten gelitten. Einige sind so groß
geworden, dass ich therapeutische Hilfe in Anspruch genommen habe. Zugleich
habe ich den Rat von Freunden beherzigt, mich immer wieder Gott
anzuvertrauen. Heute darf ich in Anlehnung an meine Tochter sagen: Durch
liebe und kompetente Menschen hat Gott auch viele meiner Ängste geputzt –
solange, bis sie geglänzt haben und zur tragfähigen Lebensfreude geworden
sind. LUST (Mittwoch) In
einem alten Kirchenlied aus dem 17. Jahrhundert, das in evangelischen und
katholischen Kirchen sehr gern gesungen wird, heißt es, dass wir uns auf Gott
vorbereiten und einstimmen sollen „mit Andacht, Lust und Freud“. Andacht
– na gut, das gehört sich; Freude – das geht auch noch. Aber Lust? Viele
Menschen verbinden mit Gott, Glaube und Kirche eher Pflicht und Gebot.
Manche, die sich etwas mehr darauf einlassen, vielleicht noch Freude. Aber
Lust? Und
doch ist die Lust eine wichtige Weggefährtin zu Gott. Freilich verlangt das
Leben, soll es nicht unmenschlich und zerstörerisch werden, von uns auch Maß
und Verzicht. Aber der Schöpfer hat doch auch viel Schönes und Lustvolles in
unser Leben verpackt. Das dürfen, ja sollen wir entdecken und dankbar
annehmen. Gott
selbst ermutigt uns dazu durch die Bibel. Im Alten Testamente bei Jesus
Sirach finden wir dieses Wort: „Versag dir nicht das Glück des heutigen
Tages; an der Lust, die dir zusteht, geh nicht vorbei!“ (Sir 14,14) Achten
wir darauf. Auch heute. DANKBARKEIT
(Donnerstag) Ich
habe eine Mitfahrgelegenheit von Graz in die südliche Steiermark gesucht. Ein
älterer Priester hat mich in seinem Auto mitgenommen. Während der Fahrt haben
wir uns über dies und das unterhalten. Schließlich
hat er von seinen Krankenbesuchen erzählt. Dabei hat er erwähnt, dass er auch
schwerkranken und bettlägerigen Menschen empfehle, sie sollten, sobald sie in
der Früh wach werden, als erstes darüber nachdenken, wofür sie Gott und den
Menschen dankbar sein können. Denn – so der Pfarrer – jeder Mensch hat immer
etwas, wofür er danken kann. Nun,
ich weiß nicht, ob das 100-prozentig stimmt. Aber ich habe es mir von da an
eine Zeitlang zur Gewohnheit gemacht, meinen ersten freiwilligen Gedanken in
der Früh auf etwas zu richten, wofür ich Gott danken kann. Ohne
Hintergedanken, ohne gleich eine Bitte folgen zu lassen. Die
Herausforderungen des Tages haben dadurch ein spürbar positives Vorzeichen
bekommen. Leider habe ich diese Praxis nicht immer durchgehalten. Aber seit
einiger Zeit nehme ich sie wieder ernst und stärke am Morgen meine
Dankbarkeitsmuskel. Und es stimmt: Dankbarkeit gibt Kraft und macht frei. KREUZ (Freitag) Wer
durch unser Land geht und fährt, begegnet an vielen Orten dem Zeichen des Kreuzes
… Harmloser Schmuck? Stolzes Logo der Mehrheitsreligion? Heute
ist Freitag. Da denke ich an jenen Freitag in Jerusalem vor fast 2000 Jahren:
Jesus wird gekreuzigt. Ein Opfer menschlicher Willkür und Brutalität. Es wäre
mehr als verständlich, würde der Gekreuzigte seine Peiniger verfluchen. Das
haben unschuldig Verurteilte immer wieder getan. Aber von diesem Kreuz kommt
kein Fluch. Wir hören ganz anderes: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen
nicht, was sie tun.“ (Lk 23,34) Mitten im Gewitter des Hasses stiftet dieser
Gekreuzigte Versöhnung. Eine Kraft wird spürbar, die stärker ist als alles
menschliche Versagen, letztlich sogar stärker als Leid und Tod. So
wird das Zeichen der Ausgrenzung, der Brutalität und des Todes durch Jesus
zum Zeichen der Feindesliebe, der Versöhnung und des Lebens. Für viele
Menschen, nicht nur für gläubige Christinnen und Christen, ist es daher ein
gutes Zeichen. UMWEGE (Samstag) Die biblische
Erzählung vom ägyptischen Josef hat mich schon als Kind fasziniert: Josef
wird von seinen Brüdern aus Eifersucht in die Sklaverei nach Ägypten
verkauft. Dort macht er Entsetzliches durch. Aber dann wendet sich das Blatt,
er macht sogar Karriere und bringt es bis zum Stellvertreter des Pharaos. Als
eine Hungersnot auch seine Brüder nach Ägypten treibt, rettet Josef sie und
ihre Familien vor dem Verhungern. Schließlich
sagt er ohne Verbitterung zu ihnen: „Ihr habt zwar Böses gegen mich im Sinn
gehabt, aber Gott hat Gutes daraus entstehen lassen. Dadurch, dass ich jetzt
hier bin, können viele Menschen am Leben bleiben.“ (Gen 50,20) Nicht
so dramatische, aber im Kern ähnliche Ereignisse kenne ich auch aus eigener
Erfahrung. Da sieht etwas ganz schlimm aus – und es ist auch schlimm. Man
kann momentan keinen Sinn darin erblicken. Und dennoch wächst, oft erst nach
Jahren, Gutes daraus. Es gehört zu meinen wichtigsten religiösen Erfahrungen,
dass Gott solche Umwege geht. Gott kann auch auf dem größten Mist Blumen
wachsen lassen. Ja, daran glaube ich. Zurück zur Startseite von Karl Veitschegger Zurück zum Menü „Meine
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