Karl Veitschegger (2024) Maria Himmelskönigin? Gekrönte Frau Die Mutter Jesu wird
in katholischen Kirchen (neben anderen heiligen Frauen) oft mit einer Krone
auf dem Haupt dargestellt, ja seit vielen Jahrhunderten als „Himmelkönigin“
besungen. „Salve Regina“ und „Regina coelis“
sind alte ehrwürdige Marien-Gesänge. Papst Pius XII. hat der Krönung Marias
sogar einen eigenen Tag im Heiligenkalender gewidmet (31. Mai), der seit der
Liturgiereform 1969 am 22. August begangen wird. Götzendienst? An Maria als
Himmelskönigin stieß sich die protestantische Reformation. Erinnerte diese
Anrufung Marias doch sehr an Ischtar, eine
assyrische und babylonische Göttin, die im alten Israel Aschera genannt und
eine Zeitlang neben JHWH verehrt wurde. Das bestätigen 1976 entdeckte Inschriften, auf
denen von „JHWH und seiner Aschera“ die Rede
ist. Galt Aschera den Leuten im Volk vielleicht als Gemahlin JHWHs? Jeremia wettert gegen „Himmelskönigin“ Gegen diesen beliebten
Aschera-Kult wetterte jedenfalls der Prophet Jeremia (7,18-19): „Die Kinder
sammeln Holz, die Väter zünden das Feuer an und die Frauen kneten den Teig,
um Opferkuchen für die Himmelskönigin zu backen. Anderen Göttern spendet man
Trankopfer, um mir wehzutun. Aber tun sie wirklich mir weh - Spruch JHWHs -
und nicht vielmehr sich selbst, zu ihrer eigenen Schande?" Reformation beseitigt die
Himmelskönigin Diese Kritik des
Jeremia bezog die Reformation auf die Marienverehrung. Viele
Mariendarstellungen wurden zerstört oder in „Götzenkammern“ verräumt. Manchmal wurde eine Maria aber auch in einen
Christus umgeschnitzt, indem ihr ein Bart verpasst
wurde (wie z.B. in Weißensee in Thüringen; siehe Foto unten). Katholischer Glaube Katholische Gläubige
hatten kein Problem, sich Maria als Gekrönte vorzustellen. Sie konnten
ihrerseits auf Bibelstellen verweisen, in denen Christus seine Getreuen
krönt: „Sei getreu bis an den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens
geben.“ (Offb 2,10) oder: „Wer siegt, der darf mit mir auf meinem Thron
sitzen, so wie auch ich gesiegt habe und mich mit meinem Vater auf seinen
Thron gesetzt habe.“ (Offb 3,21) Das trifft, so katholischer Glaube, doch
wohl besonders auf Maria zu. Königswürde für alle Müsste ich am 22.
August in einer katholischen Kirche predigen, würde ich sagen: Vergessen wir
nicht, dass wir alle, die wir in Christus leben, zu Königen und
Königinnen, Priestern und Priesterinnen berufen sind (vgl. Offb 5,10) —
mit oder ohne Bart. Leben wir aus dieser Würde! In manchen Situationen kann
dabei sogar ein Kalenderspruch helfen: „Hinfallen, aufstehen, Krone richten,
weitergehen.“ Karl Veitschegger
Foto: Altarschrein im thüringischen Weißensee, Maria
nachträglich mit Bart versehen und zu Jesus umgestaltet: https://www.evangelische-zeitung.de/beim-barte-der-maria
Zwischen Liebe und Verzweiflung. Maria in der Moderne – von
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