Karl
Veitschegger (2005) Kirche im Dialog Impulse aus dem Vaticanum II. Referat für Regionaltreffen steirischer Pfarrgemeinderäte 2005 „… erneute Herabkunft des Heiligen Geistes, die mit dem II. Vatikanischen Konzil geschehen ist…“ Johannes Paul II. (CL 2) 1. „Ein Haus voll
Glorie“ in gottfeindlicher Welt? In
den letzten Jahrzehnten vor dem Konzil wurde in unseren Pfarren oft und gerne
das Lied „Ein Haus voll Glorie schauet“ (alter Text in „Lobgesang“ 113)
gesungen. Die Kirche verstand sich als Burg inmitten einer glaubens- und
kirchfeindlichen Welt. Seit
dem 18. Jahrhundert fühlten sich immer mehr Menschen in Europa von
Freiheitsideen, die der mittelalterlichen, von der Kirche legitimierten
Gesellschaftsordnung endgültig Ade sagten, mächtig angezogen. Blutige
Revolutionen erschütterten unseren Erdteil. Die Kirche verschanzte sich
hinter ihren uralten Mauern. Alles, was sich außerhalb des Burggrabens
befand, alles, was nicht römisch-katholisch war und sich nicht der religiösen
und moralischen Führung des Papstes unterordnete, galt ihr als bedrohlich und
verwerflich. Sie fühlte sich in dieser Abwehrhaltung erneut bestätigt, als in
der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Nationalsozialismus und Stalinismus
deutlich vorexerzierten, wohin Ideologien, die sich gegen die Kirche stellen,
führen konnten. Und der Einsatz von Atombomben im Namen von Freiheit und
Demokratie durch die USA in Japan 1945? Hat er nicht offenbar gemacht, welche
Gefahren der technische und wissenschaftliche Fortschritt mit sich bringt?
Die moderne Welt, die sich in vielen Bereichen nicht mehr um die Meinung der
Kirche kümmerte, verhieß in den Augen vieler „Kirchenfürsten“ (so nannte man
die Bischöfe damals noch ohne jede Ironie) nichts Gutes. Es schien angebracht,
die Zugbrücken weiterhin hochgezogen zu lassen. In der dritten Strophe des
genannten Liedes hieß es dann auch: „Wohl tobet um die Mauern /der Sturm
in wilder Wut; Das Haus wird's überdauern, / auf
festem Grund es ruht. Gott, wir loben dich . . .“ So
verständlich (und in manchem berechtigt!) diese Abwehrhaltung der Kirche auch
war, sie konnte nicht ewig fortgesetzt werden. Wache Geister in der Kirche
spürten: Wenn die Kirche nach dem Willen Christi „Licht der Welt“ und „Salz
der Erde“ (Mt 5,13f) sein will, darf sie sich nicht länger verschanzen,
sondern muss ihr mittelalterliches Gehabe ablegen und sich hinauswagen in
eine Welt, die in Wissenschaft, Philosophie, Politik, Kunst, Lebensstil neue
Wege ging und sich – nach zwei schrecklichen Weltkriegen – mit viel
Optimismus an die Gestaltung einer menschlicheren Zukunft machte. 2. Johannes XXIII. und
„sein“ Konzil Herrschten
unter Pius XII. (1939–1958) noch Misstrauen, Skepsis und Abwehr vor, wenn man
innerkirchlich von der „modernen Welt“ sprach, so wollte Johannes XXIII.
(1958–1963) mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–1965) bewusst eine
neue Sichtweise auftun. In seiner Rede zur Eröffnung des Konzils am 11.
Oktober 1962 sagte er: „Es
geschieht oft, dass Stimmen solcher Personen unser Ohr betrüben, die zwar von
religiösem Eifer brennen, aber nicht genügend Sinn für die rechte Beurteilung
der Dinge noch ein kluges Urteil walten lassen. Sie meinen nämlich, in den
heutigen Verhältnissen der menschlichen Gesellschaft nur Untergang und Unheil
zu erkennen. Sie reden unablässig davon, dass unsere Zeit im Vergleich zur
Vergangenheit dauernd zum Schlechteren abgeglitten sei … Wir aber sind
völlig anderer Meinung als diese Unglückspropheten, die immer das Unheil
voraussagen, als ob die Welt vor dem Untergange stünde. In der gegenwärtigen
Entwicklung der menschlichen Ereignisse, durch welche die Menschheit in eine
neue Ordnung einzutreten scheint, muss man viel eher einen verborgenen Plan
der göttlichen Vorsehung anerkennen …“ In
der Folge wurde – unter Johannes XXIII. und Paul VI. (1963–1978) – auf der
bisher größten Kirchenversammlung der Geschichte, viel gebetet, diskutiert,
analysiert und studiert, vieles postuliert und wieder korrigiert, die meisten
Dokumente mehrmals modifiziert. Aus den16 Dokumenten, die am Ende des Konzils
vorlagen, blickt uns jedenfalls ein neues, weltoffenes Gesicht der Kirche an.
Die Kirche hatte sich selbst eine gründliche Reform verordnet. Im Hinblick
auf unser Thema „Kirche im Dialog“ lässt sich sagen: Die
Kirche will -
der modernen
Welt nicht unkritisch, aber in freundlicher Offenheit begegnen, -
in den
verschiedenen Zeitströmungen und Weltanschauungen zuerst einmal nach dem
fragen, was daran gut ist und dem Evangelium entspricht, -
das Evangeliumswidrige in den eigenen Reihen eingestehen und
bereuen, -
das Gute, wo
immer es am Werk ist, dankbar anerkennen und davon lernen -
und zum Heil
der Welt die Zusammenarbeit mit allen Menschen guten Willen suchen, ob sie
nun Christen sind oder nicht. „Achtung und Liebe sind auch denen zu
gewähren, die in gesellschaftlichen, politischen oder auch religiösen Fragen
anders denken oder handeln als wir. Je mehr wir in Menschlichkeit und Liebe
inneres Verständnis für ihr Denken aufbringen, desto leichter wird es für
uns, mit ihnen ins Gespräch zu kommen.“ (GS 28) Die
katholische Kirche hat von der Haltung der Abwehr gegen alles Moderne zur
Haltung des Dialoges gefunden. Auf viele wirkte das damals wie eine
Revolution! 3. „Aggiornamento“ der
Kirche in einer sich rasch ändernden Welt Die
meisten Konzilsväter erkennen klar, dass das wissenschaftliche Denken, der
Fortschritt der Technik, die Erkenntnisse in Biologie, Soziologie und
Psychologie, die Begegnung der Kulturen untereinander usw. die Sicht der
Wirklichkeit zunehmend verändern. Die Welt ist pluraler und komplexer
geworden: „So vollzieht die Menschheit einen
Übergang von einem mehr statischen Verständnis der Ordnung der
Gesamtwirklichkeit zu einem mehr dynamischen und evolutiven Verständnis. Die
Folge davon ist eine neue, denkbar große Komplexheit
der Probleme, die wiederum nach neuen Analysen und Synthesen ruft.“ (GS 6) „Die von früheren Generationen
überkommenen Institutionen, Gesetze, Denk- und Auffassungsweisen scheinen
aber den wirklichen Zuständen von heute nicht mehr in jedem Fall gut zu
entsprechen.“ (GS 7) Diesem
Wandel will sich auch die Kirche stellen. Sie fragt sich ehrlich: Was soll
bleiben, was soll geändert werden? Sie will prüfen, was wirklich zum
unverzichtbaren „Schatz des Glaubens“ gehört und was nur geschichtlich
bedingte Einkleidung ist. Schon in seiner Eröffnungsansprache macht Johannes
XXIII. darauf aufmerksam: „Es ist nicht unsere Aufgabe, diesen
kostbaren Schatz nur zu bewahren, als ob wir uns einzig und allein für das
interessieren, was alt ist, sondern wir wollen jetzt freudig und furchtlos an
das Werk gehen, das unsere Zeit erfordert …“ Johannes
XXIII. charakterisiert die Aufgabe des Konzils auch öfter mit dem
italienischen Wort „Aggiornamento“.
(Die emotionale Dynamik dieses Wortes war ähnlich stark wie die der Worte
„Glasnost“ oder „Peristroika“ vor der politischen
Wende in Europa.) Man kann „Aggiornamento“ mit „Verheutigung“
wiedergeben. Es ging dem Roncalli-Papst um das „Heutig-Werden“ der Kirche.
Ihre Verkündigung, ihre Liturgie, ihre Seelsorge, ihre sichtbare Gestalt,
ihre Haltung zu Andersgläubigen und Ungläubigen, zu Staat und Gesellschaft
sollten im „Heute“ ankommen. 4. Dienende Kirche Das
Konzil hält daran fest, dass der Kirche von Christus die Wahrheit des Evangeliums
unverlierbar anvertraut worden ist. Aber diese Wahrheit ist Geschenk Christi
und darf nie mehr Anlass zu Überheblichkeit und Intoleranz gegenüber
Andersgläubigen und Ungläubigen werden. Nicht Herrin der Wahrheit ist die
Kirche, sondern nur Werkzeug in der Hand Gottes. Kirche ist nicht um ihrer
selbst willen da, sondern steht im Dienst der gesamten Menschheit. Sie soll
Menschen mit Gott und untereinander in Verbindung bringen. Das Konzil betont
dabei prophetisch immer wieder das künftige Zusammenwachsen der Menschheit zu
einer großen komplexen Einheit. Die Kirchenkonstitution „Lumen gentium“ erklärt Folgendes: „Die Kirche ist ja in Christus
gleichsam das Sakrament, das heißt Zeichen und Werkzeug für die innigste
Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit.“ (LG 1) Das
Konzil bezeichnet die Kirche auch öfter als „pilgerndes Gottesvolk“, das mit
der gesamten Menschheit in der Geschichte unterwegs ist. Die wegweisende
Pastoralkonstitution „Gaudium et spes“ beginnt mit den Worten: „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst
der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind
auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi. Und es gibt
nichts wahrhaft Menschliches, das nicht in ihren Herzen seinen Widerhall
fände. Ist doch ihre eigene Gemeinschaft aus Menschen gebildet, die … eine
Heilsbotschaft empfangen haben, die allen auszurichten ist. Darum erfährt
diese Gemeinschaft sich mit der Menschheit und ihrer Geschichte wirklich
engstens verbunden. (GS 1) Kirche
will nicht herrschen, sondern dienen – vor allem den Armen: „So ist die Kirche, auch wenn sie zur
Erfüllung ihrer Sendung menschlicher Mittel bedarf, nicht gegründet, um
irdische Herrlichkeit zu suchen, sondern um Demut und Selbstverleugnung auch
durch ihr Beispiel auszubreiten. Christus wurde vom Vater gesandt, ;den Armen frohe Botschaft zu bringen, zu heilen, die
bedrückten Herzens sind‘ (Lk 4,18), ,zu suchen und zu retten, was verloren
war‘ (Lk 19,10). In ähnlicher Weise umgibt die Kirche alle mit ihrer Liebe,
die von menschlicher Schwachheit angefochten sind, ja in den Armen und
Leidenden erkennt sie das Bild dessen, der sie gegründet hat und selbst ein
Armer und Leidender war. Sie müht sich, deren Not zu erleichtern, und sucht
Christus in ihnen zu dienen.“ (LG 8) Die
Kirche gibt zu, dass auch in ihrem Namen gegen das Evangelium gehandelt
worden ist, dass es in ihren Reihen Sünde und daher den Bedarf nach Reinigung
und Reform gibt. Auch die Kirche selbst muss immer wieder den Weg der Buße,
d.h. der Bekehrung, gehen: „Die
Kirche umfasst Sünder in ihrem eigenen Schoße. Sie ist zugleich heilig und
stets der Reinigung bedürftig, sie geht immerfort den Weg der Buße und
Erneuerung.“ (LG 8) Vergleiche
z. B. auch: UR 7, DH 12 5. Respekt vor der
Freiheit des Menschen In
der Geschichte der Kirche war das Wort „Freiheit“, obwohl es schon in den
Paulusbriefen eine große Rolle spielt, nicht immer gern gehört. Aus dem
Wissen, dass der Mensch seine Freiheit missbrauchen kann, sprach man in
punkto Religion meist lieber von „Gehorsam“. Leider schreckte man auch vor
der Anwendung des Zwanges in Glaubensdingen nicht immer zurück. Hier schlägt
das Konzil neue Töne an. Es würdigt ausdrücklich das Streben des heutigen
Menschen nach Freiheit (vgl. GS 17). Besonders gilt das in Sachen Religion.
Zu den schönsten Früchten des Konzils gehört m. E. die Erklärung über die
Religionsfreiheit „Dignitatis Humanae“,
aus der ein paar Kernsätze zitiert werden sollen:
Wir
wissen aus der Geschichte, dass die katholische Kirche diese Lehre nicht immer
so deutlich verkündet und oft dagegen verstoßen hat. Jetzt will sie sich Gott
selbst zum Vorbild nehmen: „Gott ruft die Menschen zu seinem Dienst
im Geiste und in der Wahrheit, und sie werden deshalb durch diesen Ruf im
Gewissen verpflichtet, aber nicht gezwungen. Denn er nimmt Rücksicht auf die
Würde der von ihm geschaffenen menschlichen Person, die nach eigener
Entscheidung in Freiheit leben soll …
Christus, unser Meister und Herr, … hat
seine Jünger in Geduld zu gewinnen gesucht und eingeladen.“ (DH
11) Das
Konzil nennt auch geeignete Mittel der religiösen Wahrheitsfindung: „Jeder hat die Pflicht und also auch
das Recht, die Wahrheit im Bereich der Religion zu suchen, um sich in
Klugheit unter Anwendung geeigneter Mittel und Wege rechte und wahre
Gewissensurteile zu bilden. Die Wahrheit muss aber auf eine Weise gesucht
werden, die der Würde der menschlichen Person und ihrer Sozialnatur eigen
ist, d. h. auf dem Wege der freien Forschung, mit Hilfe des Lehramtes oder
der Unterweisung, des Gedankenaustauschs und des Dialogs, wodurch die
Menschen einander die Wahrheit, die sie gefunden haben oder gefunden zu haben
glauben, mitteilen, damit sie sich bei der Erforschung der Wahrheit
gegenseitig zu Hilfe kommen; an der einmal erkannten Wahrheit jedoch muss man
mit personaler Zustimmung festhalten.“ (DH 3) Unlautere
religiöse Propaganda lehnt das Konzil klar ab: „Man muss sich jedoch bei der Verbreitung
des religiösen Glaubens und bei der Einführung von Gebräuchen allzeit jeder
Art der Betätigung enthalten, die den Anschein erweckt, als handle es sich um
Zwang oder um unehrenhafte oder ungehörige Überredung, besonders wenn es
weniger Gebildete oder Arme betrifft ...“ (DH 4) 6. Gottes Heil – auch
außerhalb der eigenen Kirchengrenzen „Extra
ecclesiam nulla salus“ –
„Außerhalb der Kirche kein Heil“. Dieser auf den frühchristlichen Bischof
Cyprian zurückgehende Satz wurde im Lauf der Kirchengeschichte meist sehr eng
ausgelegt. So lesen wir in der Bulle „Unam sanctam“ von Papst Bonifaz VIII. aus dem Jahre 1308: „Wir erklären, sagen und definieren,
dass es für jedes menschliche Geschöpf unbedingt notwendig zum Heil ist, dem
Römischen Bischof unterworfen zu sein.“ Und
1442 schärft das Konzil von Florenz (im Lehrentscheid für die Jakobiten) Folgendes ein: „Sie [die Kirche] glaubt fest, bekennt
und verkündet, dass niemand, der sich außerhalb der katholischen Kirche
befindet - weder Heide noch Jude noch Andersgläubiger oder von der Kirche
Getrennter - am ewigen Leben teilhaben
kann, sondern dem ewigen Feuer verfällt, … wenn er sich nicht vor seinem Tod
ihr [der Kirche] anschließt … Mag einer noch so viele Almosen geben, ja
selbst sein Blut für den Namen Christi vergießen, so kann er doch nicht
gerettet werden, wenn er nicht im Schoß und in der Einheit der katholischen
Kirche bleibt.“ Wollte
man diese Sätze gerecht interpretieren, müsste man freilich die historischen
Umstände dieser Aussagen genauer studieren, was uns hier nicht möglich ist.
Aber es ist unbestritten, dass man in unserer Kirche durch viele Jahrhunderte
in der Frage „Kommen auch Nichtkatholiken in den Himmel?“ sehr pessimistisch
war. Oft wurde sehr unreflektiert der sichtbare Bereich der römisch-katholischen
Kirche mit dem Heilsbereich Gottes gleichgesetzt. Mit diesem engen
theologischen Denken brach erst das Zweite Vatikanische Konzil wirklich. Es
lehrt: Die Kirche Christi ist zwar in der sichtbaren katholischen Kirche
verwirklicht (subsistit),
aber: „Das schließt nicht aus, dass
außerhalb ihres Gefüges vielfältige Elemente der Heiligung und der Wahrheit
zu finden sind, die als der Kirche Christi eigene Gaben auf die katholische
Einheit hindrängen.“ (LG 8) Das
Heil, das Gott den Menschen in Jesus schenken will, ist zwar durch die Kirche
in der Welt präsent, aber nicht an die sichtbaren Grenzen dieser Kirche
gebunden. Auch jenseits der sichtbaren
Kirchengrenzen lässt Gott „Urkirchliches“ (= „Heilsträchtiges“) wachsen. Von
den Angehörigen der anderen christlichen Kirchen und Gemeinschaften wird
gesagt: Gott „ist auch ihnen mit seiner
heiligenden Kraft wirksam“ (LG 15) Ja,
auch Nichtchristen und selbst Atheisten kann Gott – auf Wegen, die nur er
kennt – zum ewigen Heil führen. Es muss hier vermerkt werden: Keine
christliche Kirche (weder evangelisch noch orthodox) hat bis dahin (und
vielleicht auch seither) so deutlich von der Heilsmöglichkeit aller Menschen
gesprochen wie die katholische Kirche im Konzil! „Wer nämlich das Evangelium Christi
und seine Kirche ohne Schuld nicht kennt, Gott aber aus ehrlichem Herzen
sucht, seinen im Anruf des Gewissens erkannten Willen unter dem Einfluss der
Gnade in der Tat zu erfüllen trachtet, kann das ewige Heil erlangen. Die
göttliche Vorsehung verweigert auch denen das zum Heil Notwendige nicht, die
ohne Schuld noch nicht zur ausdrücklichen Anerkennung Gottes gekommen sind,
jedoch, nicht ohne die göttliche Gnade, ein rechtes Leben zu führen sich
bemühen.“ (LG 16) Diese
optimistische Sicht warf sowohl auf das Gottesbild als auch auf das
Verhältnis der Katholiken zu den Angehörigen anderer Kirchen, Religionen und
Weltanschauungen ein neues, freundliches Licht. 7. Katholische Kirche
und Ökumene Es
gehört zu den Tragödien der Geschichte, dass es zu großen Spaltungen unter
den Christen gekommen ist: Katholiken,
Altorientalen, Orthodoxe, Protestanten usw. Jahrhunderte lang standen sich
die verschiedenen christlichen Gemeinschaften feindlich oder bestenfalls
gleichgültig gegenüber. Jede Gemeinschaft sah in der anderen primär eine
Verräterin der Sache Christi. Für Katholiken galt es z. B. als Sünde, den
Gottesdienst in der evangelischen Kirche zu besuchen, Protestanten hielten
die katholische Messe für Götzendienst und Teufelswerk. An ein echtes
Miteinander war nicht zu denken. Erst
im vorigen Jahrhundert kam es dann – und zwar außerhalb der katholischen
Kirche und von ihr lange argwöhnisch betrachtet – zur ökumenischen Bewegung.
1948 gründeten orthodoxe, altkatholische, anglikanische und protestantische
Kirchenführungskräfte den Ökumenischen Rat der Kirchen („Weltkirchenrat“;
damals 147 Mitgliedskirchen, heute: 347). „Der
Ökumenische Rat der Kirchen ist eine Gemeinschaft von Kirchen, die den Herrn
Jesus Christus gemäß der Heiligen Schrift als Gott und Heiland bekennen und
darum gemeinsam zu erfüllen trachten, wozu sie berufen sind, zur Ehre Gottes,
des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Er ist eine Gemeinschaft von Kirchen auf dem Weg zur sichtbaren
Einheit in dem einen Glauben und der einen eucharistischen Gemeinschaft …“ (Selbstdefinition des ÖRK) Die
katholische Kirche schloss sich dem Weltkirchenrat nicht an, sie stand ihm
anfänglich sogar ablehnend gegenüber. Man betrachtete ihn als eine Art
„Gegenkirche“ und witterte eine Verwässerung des wahren Glaubens. (Die
katholische Kirche ist auch heute noch nicht Vollmitglied im ÖRK, aber nicht
mehr aus Gründen der Ablehnung.) Erst unter Johannes XXIII. gewann der
ökumenische Gedanke in der katholischen Kirche deutlich an Boden, bis
schließlich das Konzil die Ökumene auch offiziell zum Anliegen der katholischen
Kirche machte. Das Ökumenismus-Dekret „Unitatis Redintegratio“ beginnt
mit den Worten: „Die Einheit aller Christen
wiederherstellen zu helfen ist eine der Hauptaufgaben des Heiligen
Ökumenischen Zweiten Vatikanischen Konzils.“ (UR 1) Die
Ökumenische Bewegung, die von Nichtkatholiken ausging, wird in diesem Dekret
nun offiziell als Werk des Heiligen Geistes gewürdigt. Die Angehörigen
anderer Kirchen werden nicht mehr als „Abtrünnige“, sondern als „getrennte
Brüder“ (heute würde man sagen: „Geschwister“) bezeichnet. Und die
katholische Kirche bekennt freimütig ihre Mitschuld an den Trennungen: „In Demut bitten wir also Gott und die
getrennten Brüder um Verzeihung, wie auch wir unseren Schuldigern vergeben.“ (UR 6) Wurde
vor dem Konzil oft das Trennende betont, bemüht sich das Konzil, das
Gemeinsame herauszustellen: „Wer an Christus glaubt und in der
rechten Weise die Taufe empfangen hat, steht dadurch in einer gewissen, wenn
auch nicht vollkommenen Gemeinschaft mit der katholischen Kirche.“ (UR 3) Die
Einheit der Christenheit ist also nicht völlig verloren gegangen. Das
Bekenntnis zum dreifaltigen Gott und zum Erlöser Jesus Christus, die
gemeinsame Liebe zur Heiligen Schrift und die Taufe verbinden alle
Christinnen und Christen innig mit der katholischen Kirche. Mit den
Orthodoxen teilt die katholische Kirche darüber hinaus auch die Lehre von der
Eucharistie, vom Bischofs- und Priesteramt und allen Sakramenten. Das
Konzil macht darauf aufmerksam, dass es bei den „getrennten Brüdern“ viel
Kostbares und Heilsames zu entdecken gibt: „Es ist recht und heilsam, die
Reichtümer Christi und das Wirken der Geisteskräfte im Leben der anderen
anzuerkennen, die für Christus Zeugnis geben, manchmal bis zur Hingabe des
Lebens… Man darf auch nicht übergehen, dass alles, was von der Gnade des
Heiligen Geistes in den Herzen der getrennten Brüder gewirkt wird, auch zu
unserer eigenen Auferbauung beitragen kann.“ (UR 4) Wie
anders klingen diese Worte als die oben zitierte Erklärung des Konzils von
Florenz! Freilich
sieht das Konzil auch sehr realistisch die Diskrepanzen zwischen den
christlichen Kirchen und Gemeinschaften, es will aber vor allem die Hoffnung
stärken, dass die volle Einheit, die einmal auch in die gemeinsame
Eucharistiefeier münden soll, schrittweise wiederhergestellt werden kann. Das
Konzil rät deshalb zum Gebet und zur „Bekehrung der Herzen“ – wenn die
voneinander getrennten Christen und Christinnen sich Christus nähern, kommen
sie auch einander näher –, zum liebevollen Umgang miteinander, zum
gegenseitigen Kennenlernen, zu einer ökumenisch ausgerichteten
Glaubenssprache, zum sachverständigen Dialog, zum gemeinsamen Gebet, zur
Zusammenarbeit im sozialen Bereich. Wenn
Paul VI. ein paar Jahre nach dem Konzil einem Gesandten des Patriarchen von
Konstantinopel die Füße küsst und Johannes Paul II. die evangelische Gemeinde
in Rom besucht und alle Kirchen zum Nachdenken über eine Neugestaltung des
Petrusamtes einlädt, sind das Zeichen, die Jahrhunderte lang völlig undenkbar
waren. Auch wenn die Ökumene sich heute etwas zäher gebärdet, bleibt sie doch
Auftrag des Konzils an uns alle. 8. Katholische Kirche
und nichtchristliche Religionen „Wer mir verachtet den funkelnden
Wein, der muss ein Schafskopf wie Mohammed sein!“ – So sang noch im Jahr des Konzilsbeginns (1963)
eine Theatergruppe des Bischöflichen Knabenseminars im Fasching. Man fand
nichts daran, den „Propheten des Islams“ als „Schafskopf“ zu verspotten.
Respekt vor fremden Religionen und ihren Glaubensvorstellungen gehörte noch
nicht zu den Erziehungszielen katholischer Schulen. Welch anderer Geist atmet
bereits zwei Jahre später aus der Konzilserklärung „Nostra Aetate – Über das Verhältnis der
Kirche zu den nichtchristlichen Religionen“. Dort heißt es: „Mit Hochachtung betrachtet die Kirche die
Muslime …“ (NA 3) Ein Lied wie
das obige dürfte seither von Christenmenschen nicht mehr gesungen werden.
Grundsätzlich erklärt die Kirche: „Die katholische Kirche lehnt nichts
von alledem ab, was in diesen Religionen wahr und heilig ist. Mit
aufrichtigem Ernst betrachtet sie jene Handlungs- und Lebensweisen, jene
Vorschriften und Lehren, die zwar in manchem von dem abweichen, was sie
selber für wahr hält und lehrt, doch nicht selten einen Strahl jener Wahrheit
erkennen lassen, die alle Menschen erleuchtet.“ (NA 2) Die
katholischen Christen und Christinnen sind berufen, für Christus Zeugnis
abzulegen und allen das Evangelium anzubieten, aber sie sollen das in Respekt
vor den anderen Religionen und religiösen Kulturen tun: „Deshalb mahnt sie [die Kirche] ihre
Söhne, dass sie mit Klugheit und Liebe, durch Gespräch und Zusammenarbeit mit
den Bekennern anderer Religionen sowie durch ihr Zeugnis des christlichen
Glaubens und Lebens jene geistlichen und sittlichen Güter und auch die
sozial-kulturellen Werte, die sich bei ihnen finden, anerkennen, wahren und
fördern.“ Eine
besondere Würdigung erfährt in der Konzilserklärung das Judentum.
Antisemitismus und Antijudaismus werden aufs Schärfste verurteilt. Für die
Auslieferung Jesu an Pilatus und damit ans Kreuz dürfen weder alle damals
lebenden Juden noch die heute lebenden Juden und Jüdinnen verantwortlich
gemacht werden. Dem antijüdischen Schimpfwort „Gottesmörder“ wird ein für
alle Mal der theologische Boden entzogen. Für Christen und Christinnen gilt:
Das jüdische Volk ist nach wie vor von Gott geliebt! Namentlich
gewürdigt werden von den Religionen auch der Hinduismus, der Buddhismus und –
wie schon erwähnt – der Islam. Im
letzten Absatz der Erklärung heißt es dann: „Die Kirche verwirft jede
Diskriminierung eines Menschen oder jeden Gewaltakt gegen ihn um seiner Rasse oder Farbe, seines Standes oder seiner
Religion willen, weil dies dem Geist Christi widerspricht.“ (NA 5) Die
von Johannes Paul II. initiierten und präsidierten Weltgebetstreffen der
Religionen 1986 und 2001 in Assisi wären ohne „Nostra Aetate“ völlig undenkbar
gewesen! 9. Kirche im Dialog mit
der Welt Im
Unterschied zu früheren Konzilien wendet sich das Zweite Vatikanische Konzil
nicht nur an Kirchenmitglieder, sondern bewusst an alle Menschen (vgl. GS 2).
Die Kirche versteht sich als Teil der Menschheit, trägt ihre Hoffnungen und
Sorgen voll mit und will ihren Beitrag leisten zur Lösung der gegenwärtigen
Menschheitsprobleme. Vor
allem in der Pastoralkonstitution „Gaudium
et spes – Über die Kirche in der Welt von
heute“ wird dieses Miteinander von Kirche und Welt deutlich zum Ausdruck
gebracht. Es wäre schön, ist aber unmöglich, dieses programmatische Dokument
hier angemessen vorzustellen. Wir müssen uns mit einigen Mosaiksteinchen
begnügen. 9.1. Kirche will lernen Konnte
man bei der Lektüre älterer kirchlicher Dokumente sehr leicht das Gefühl
bekommen, die Kirche gebärde sich als Alleswisserin und erteile an eine
unmündige Menschheit moralische Befehle, so erlebt man hier eine fragende und
suchende Kirche: „Durch die Treue zum Gewissen sind die
Christen mit den übrigen Menschen verbunden im Suchen nach der Wahrheit und
zur wahrheitsgemäßen Lösung all der vielen moralischen Probleme, die im Leben
der Einzelnen wie im gesellschaftlichen Zusammenleben entstehen.“ (GS 16) Evangelium
und menschliche Vernunft sollen fruchtbar zusammenwirken: „Es ist ihr [der Kirche] Wunsch, das
Licht der Offenbarung mit der Sachkenntnis aller Menschen in Verbindung zu
bringen, damit der Weg, den die Menschheit neuerdings nimmt, erhellt werde.“ (GS 33) Um
nicht weltfremd und damit für die Welt belanglos zu werden, muss die Kirche
die Mentalität der heutigen Zeit verstehen lernen. Sie darf und soll sich
dabei von Gläubigen und Ungläubigen (!) helfen lassen: „Die Kirche bedarf vor allem in
unserer Zeit mit ihrem schnellen Wandel der Verhältnisse und der Vielfalt
ihrer Denkweisen der besonderen Hilfe der in der Welt Stehenden, die eine
wirkliche Kenntnis der verschiedenen Institutionen und Fachgebiete haben und
die Mentalität, die in diesen am Werk ist, wirklich verstehen, gleichgültig,
ob es sich um Gläubige oder Ungläubige handelt. Es ist jedoch Aufgabe des
ganzen Gottesvolkes, … auf die verschiedenen Sprachen unserer Zeit zu hören, sie
zu unterscheiden, zu deuten und im Licht des Gotteswortes zu beurteilen,
damit die geoffenbarte Wahrheit immer tiefer erfasst, besser verstanden und
passender verkündet werden kann.“
(GS 44) Im
Dialog mit der Welt, lernt die Kirche nicht nur die Welt, sondern auch das
Evangelium besser verstehen (vgl. auch GS 58). Nur so ist ihr eine zeitgemäße
Verkündigung des Gotteswortes möglich. Die
Pastoralkonstitution spricht auch von der „richtigen Autonomie der irdischen
Wirklichkeiten“ (GS 36): Die Ergebnisse der Wissenschaft können für die
Kirche hilfreich sein. Religion und Wissenschaft, Glaube und Vernunft,
Christsein und Menschsein, Christentum und Humanismus sind keine Gegensätze,
sondern gehören zusammen und ergänzen einander. 9.2. Engagement für
Menschenwürde Das
Wichtigste und Beste, was die Kirche der Welt anzubieten hat, ist Christus.
Gerade an ihm – so lehrt das Konzil an vielen Stellen – kann man sehen, was
wahres Menschsein bedeutet, was der tiefste Sinn des Menschenlebens ist und
wie Menschen miteinander umgehen sollen: „Wer Christus, dem vollkommenen
Menschen folgt, wird auch selbst menschlicher.“ (GS 41) Wer
glaubt, dass Gott selbst in Christus jedes Menschen Bruder geworden ist, wird
sich auch für die Würde und Freiheit jedes Menschen einsetzen: „Durch kein menschliches Gesetz können
die personale Würde und die Freiheit des Menschen so wirksam geschützt werden
wie durch das Evangelium Christi, das der Kirche anvertraut ist. Diese Frohbotschaft nämlich verkündet
und proklamiert die Freiheit der Kinder Gottes; sie verwirft jede Art von
Knechtschaft, die letztlich aus der Sünde stammt, sie respektiert sorgfältig
die Würde des Gewissens und seiner freien Entscheidung; unablässig mahnt sie
dazu, alle menschlichen Talente im Dienst Gottes und zum Wohl der Menschen
Frucht bringen zu lassen; alle endlich empfiehlt sie der Liebe aller.“ (GS 41) Die
Kirche, die sich im Laufe ihrer Geschichte zu oft mit den Reichen und
Mächtigen verbündet hat, will in der Gesellschaft – das betont das Konzil an
mehreren Stellen – keine Herrschaftsmacht mehr sein, wohl aber gestaltende
Kraft: „Die Kraft nämlich, die die Kirche der
menschlichen Gesellschaft von heute mitzuteilen vermag, ist jener Glaube und
jene Liebe, die sich in Tat und Wahrheit des Lebens auswirken, nicht aber
irgendeine äußere, mit rein menschlichen Mitteln ausgeübte Herrschaft.“ (GS 42) Offen
bekennt die Kirche auch in der Pastoralkonstitution ihr menschliches
Versagen: „Obwohl die Kirche in der Kraft des
Heiligen Geistes die treue Braut des Herrn geblieben ist und niemals
aufgehört hat, das Zeichen des Heils in der Welt zu sein, so weiß sie doch
klar, dass unter ihren Gliedern, ob Klerikern oder Laien, im Lauf so vieler Jahrhunderte
immer auch Untreue gegen den Geist Gottes sich fand, Auch in unserer Zeit
weiß die Kirche, wie groß der Abstand ist zwischen der von ihr verkündeten
Botschaft und der menschlichen Armseligkeit derer, denen das Evangelium
anvertraut ist.“ (GS 43) Ein
klares Ja spricht die Kirche zu den „Menschenrechten“, die sie aus
historischen Gründen lange (bis zu Johannes XXIII.) mit großer Skepsis, ja
Ablehnung bedacht hat. Jetzt zeigt sie, dass sie gelernt hat – und zwar von
der Welt! – und schätzt die „Menschenrechte“ als wahre Früchte des
Evangeliums: „Kraft
des ihr anvertrauten Evangeliums verkündet also die Kirche die Rechte des
Menschen, und sie anerkennt und schätzt die Dynamik der Gegenwart, die diese
Rechte überall fördert. Freilich muss diese Bewegung vom Geist des
Evangeliums erfüllt und gegen jede Art falscher Autonomie geschützt werden.
Wir sind nämlich der Versuchung ausgesetzt, unsere persönlichen Rechte nur
dann für voll gewahrt zu halten, wenn wir jeder Norm des göttlichen Gesetzes
ledig wären. Auf diesem Wege aber geht die Würde der menschlichen Person,
statt gewahrt zu werden, eher verloren.“ (GS 41) 9.3. Die christliche
Mitgestaltung der Gesellschaft Die
Heiligkeit, zu der das Konzil alle Getauften aufruft, besteht nicht in
weltfremden „Verschrobenheiten“, sondern darin,
sich für die Welt einzusetzen. Der Christenmensch bewährt sich, wenn er
wahrhaft menschlich handelt – in Ehe, Familie, Beruf, Freizeit, in der
Mitgestaltung der Gesellschaft. Zum
Wohl aller sollen politische Gemeinschaft und Kirche auf ein gutes
Zusammenwirken bedacht sein. Ihre je eigene Autonomie ist zu respektieren.
Die Kirche ist an kein politisches System gebunden. Laien sollen aktiv in der
Politik mitwirken. Zwischen dem, was Christenmenschen (in christlicher Überzeugung)
als Einzelne bzw. Parteimitglieder tun, und dem, „was sie im Namen der Kirche
zusammen mit ihren Hirten tun“, muss allerdings klar unterschieden werden (GS
76). Christen und Christinnen können, ihrem Gewissen folgend, bei der
Beurteilung politischer Fragen auch zu unterschiedlichen Lösungen kommen. Es
gibt nicht immer nur eine christliche
Lösung! Mehrmals
betont das Konzil, dass die katholische Kirche für den Völkerfrieden mit
allen Menschen zusammenarbeiten will. Eine wichtige Voraussetzung für
dauerhaften Frieden ist soziale Gerechtigkeit. Die vorrangige Option der
Kirche für die Armen und Bedrängten steht programmatisch bereits im
Einleitungssatz der Pastoralkonstitution (siehe oben!). Katholisch
sein heißt nicht nur weltweit glauben, sondern auch weltweit denken und
lieben! Nicht nur vom Himmel her, sondern aus allen Ecken der Welt ruft
Christus nach den Seinen: „Zum Aufbau einer internationalen
Ordnung, in der die rechtmäßigen Freiheiten aller wirklich geachtet werden
und wahre Brüderlichkeit bei allen herrscht, sollen die Christen gern und von
Herzen mitarbeiten, und das um so mehr, als der größere
Teil der Welt noch unter solcher Not leidet, dass Christus selbst in den
Armen mit lauter Stimme seine Jünger zur Liebe aufruft . Das Ärgernis soll vermieden
werden, dass einige Nationen, deren Bürger in überwältigender Mehrheit den
Ehrennamen "Christen" tragen, Güter in Fülle besitzen, während
andere nicht genug zum Leben haben und von Hunger, Krankheit und Elend aller
Art gepeinigt werden.“ (GS 88) Das
Konzil ist vor 40 Jahren zu Ende gegangen. Die Welt hat sich seither
weitergedreht. Die Dokumente, die in manchem auch Kompromissdokumente sind,
wurden und werden von „Progressiven“ und „Konservativen“ nicht immer völlig
gleichsinnig interpretiert. Fragen sind seither wichtig geworden, die zur
Zeit des Konzils noch nicht die heutige Brisanz hatten – z. B. die
Frauenfrage, die ökologische Frage, die Problem um die Bioethik –, aber die
Richtung, die uns das Zweite Vatikanische Konzil gewiesen hat, ist erkennbar
und noch immer gültig. „Mit Recht dürfen wir annehmen, dass
das künftige Schicksal der Menschheit in den Händen jener ruht, die den
kommenden Geschlechtern Triebkräfte des Lebens und der Hoffnung vermitteln
können.“ (GS 31) Möge
es auch in unseren Pfarren wieder vitaler zugehen, stärker nach Zukunft und
Leben schmecken! Das Konzil kann uns dazu viele Impulse geben. Karl
Veitschegger (Oktober 2005) Was Papst
Paul VI. zum Abschluss des Konzils sagte: „Wir wollen
vielmehr unterstreichen, dass die Religion dieses Konzils die Nächstenliebe
ist […] Die uralte Erzählung vom barmherzigen Samariter wurde zum Paradigma
für die Spiritualität dieses Konzils. […] Eine Woge der Zuneigung und der
Wertschätzung für die moderne Welt ging von diesem Konzil aus. Natürlich
werden die Irrtümer abgelehnt, dass verlangt die Verpflichtung zur Liebe und
nicht weniger die Verpflichtung zur Wahrheit. Aber für die Menschen gibt es
nur Ermutigung, Respekt und Liebe. Statt niederschmetternder Einschätzungen
schlägt das Konzil ermutigende Heilmittel vor; statt dunkler Vorahnungen hat
das Konzil Botschaften des Vertrauens an die zeitgenössische Welt gerichtet.
Nicht nur wurden ihre Werte respektiert, sondern sogar geehrt und ihre
Anstrengungen unterstützt und ihre Bestrebungen geläutert und gesegnet. […]
Und noch eine andere Sache wollen wir hier aufzeigen: All dieser doktrinäre
Reichtum hat ein einziges Ziel, nämlich dem Menschen zu dienen. Und zwar dem
Menschen, so dürfen wir sagen, in jeder Lebenslage, in all seinen Krankheiten
und in all seinen Bedürfnissen.“ Konzil-Eröffnungsrede von Papst Johannes XXIII.: http://www.ub.uni-freiburg.de/referate/04/semapp/konzil.html Zurück zur Startseite von Karl Veitschegger Zurück
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