Karl Veitschegger (2009) Schöpfung und
Evolution Widerspruch? „Evolutionslehre und christlicher Schöpfungsglaube widersprechen sich, Gott und Darwin passen nicht zusammen“, schrieb mir vor einiger Zeit ein Herr. Ganz anderer Meinung scheint da der Wiener Zoologe Kurt Kotrschal zu sein, wenn er in einem Zeitungskommentar schreibt: „Gott oder Darwin? Schmonzes! Die beiden hatten noch nie ein Problem miteinander, das wurde immer nur von Menschen konstruiert, denen das gerade in den Kram passte.“ (Die Presse 19.01.2007) Fakten,
Sinnfrage und Glaube Im Unterschied zu manchen
religiösen Gruppen vor allem in den USA (Stichwörter: „Kreationismus",
„Intelligent-Design") vertritt die offizielle katholische Kirche seit
vielen Jahrzehnten die Position, dass der Glaube an einen Schöpfer, der sich
in der Bibel poetisch und bildhaft ausdrückt, nicht im Widerspruch zur
wissenschaftlichen Evolutionstheorie steht, deren Plausibilität wächst und
schon lange „mehr als eine Hypothese" (Johannes Paul II.) ist.
Naturwissenschaften haben die Aufgabe, Fakten soweit wie möglich natürlich
zu erklären, d.h. innerweltliche Zusammenhänge möglichst lückenlos
aufzuzeigen. Sie können aber keine Antwort auf die Frage nach dem Sinn des
Ganzen geben. Naturwissenschaftliche Fakten zwingen weder
zum Unglauben noch zum Glauben an Gott. Sie sind für verschiedene Deutungen
offen. So kann man die Evolution für ein unsinniges und zielloses Geschehen
halten. Gläubige Menschen sehen allerdings in oder „hinter“ den Vorgängen,
die von Physik und Biologie sachlich korrekt als Evolution beschrieben
werden, eine transzendente Macht am Werk: Gott, der seine Schöpfung
sich frei entfalten und mitunter sonderbare Wege gehen lässt; Gott, von dem
die Bibel sagt: „In ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir” (Apg 17,28);
Gott, dem zuzutrauen ist, dass das Ganze letztlich sinnvoll ist. Evolutionslehre
an katholischen Schulen Die manchmal gehörte Behauptung, der Theologe und Naturforscher Charles Darwin († 1882) sei von der katholischen Kirche als „Ketzer“ verurteilt und sein Buch „Über die Entstehung der Arten“ (1859) auf den römischen „Index der verbotenen Bücher“ gesetzt worden, ist falsch. Obwohl Theologen sich mit seinen Hypothesen anfänglich schwer getan haben, wird schon seit langem an katholischen Gymnasien und Hochschulen Evolutionstheorie gelehrt. (Ansätze einer Deutung der Schöpfung als Evolution finden sich sogar schon bei den Kirchenvätern.) Die katholische Kirche meldet nur dann Widerspruch an, wenn Evolution von manchen so gedeutet wird, als habe das Leben der Menschen jenseits der biologischen Wirklichkeit keinen tieferen Sinn. Biologisch gesehen mag der Mensch ein „Cousin“ des Affen sein, theologisch gesehen ist er ein Ansprechpartner Gottes. Das ist aus katholischer Sicht kein Widerspruch. Katholisch:
Ja zur Evolution und zum Schöpfergott Papst Benedikt XVI. schrieb vor
einigen Jahren, damals noch Kardinal: „Das christliche Bild der Welt ist,
dass die Welt in einem sehr komplizierten Evolutionsprozess entstanden ist,
dass sie aber im tiefsten eben doch aus dem Logos kommt.“ (J. Ratzinger, Gott
und die Welt, Stuttgart 2000, S.119) „Logos“ meint hier die göttliche
Vernunft als Urgrund allen Seins. Karl Veitschegger (2009) Darwin
als „Kirchenvater“? – Eine zeitgemäße Neubewertung Buchempfehlung: Hans Kessler, Evolution und Schöpfung in neuer Sicht, 2009 Zum Artikel: Was heißt (christlich) glauben? Zurück zur Startseite von Karl Veitschegger Zurück zum Menü „Meine Artikel, Referate, Skizzen ..." Karl Veitschegger © 2007 |