Katholisch?
Evangelisch? Was evangelische und katholische Kirche verbindet, was sie trennt. Skizze für Impulsreferat (1999/2002) Die Glaubensspaltung während der Reformation des
16. Jahrhunderts teilte die abendländische Christenheit in eine katholische
und evangelische. Seit einigen Jahrzehnten ist man wieder auf der Suche nach
der Einheit. Dieses Bemühen nennt man Ökumenische
Bewegung. In vielen Glaubensfragen blieb die Einheit trotz Spaltungen
erhalten, in anderen wurde sie wieder entdeckt:
► der Glaube, dass Gott uns
das ewige Leben schenken will ► das Apostolische Glaubensbekenntnis,
das „Große Glaubensbekenntnis" (der Konzile von Nikaia
325 und Konstantinopel 381), die Feier des Sonntags, viele Feste, Gebete,
Lieder etc. ► der vielfältige Einsatz
für soziale
Gerechtigkeit, Frieden
und Bewahrung der
Schöpfung Einheit in der
Vielfalt möglich Freilich gibt es auch
viele Unterschiede. Aber nicht alles, was verschieden ist, muss die Kirchen
trennen. Unterschiede in den Gottesdienstformen, in den theologischen
Schwerpunkten und in den Kirchenordnungen (z.B. Priesterzölibat; Pfarrerehe)
können auch eine gegenseitige Bereicherung sein. Die gewünschte christliche
Einheit will diese bunte Vielfalt nicht beseitigen. Das Ziel der Ökumene ist
nicht eine „uniforme Superkirche", sondern die „versöhnte Verschiedenheit"
der Konfessionen in der einen Kirche. Was wirklich
(noch) trennt: ► Im katholischen
Kirchenverständnis ist der Papst der „Nachfolger
des hl. Petrus“ und als solcher von Christus zum obersten Schlüsselträger und
Hirten der Kirche bestimmt (vgl. Mt 16,18f; Joh
21,15-17). Diesen Anspruch lehnen die Evangelischen (und auch die Orthodoxen)
ab. ► Nach katholischer (und
orthodoxer) Überzeugung erhalten die Geistlichen im Weihe-Sakrament
(lateinisch Ordo,
Ordinatio, deutsch meist mit Priesterweihe
übersetzt) von Gott für immer eine besondere Prägung (vgl. 2Tim 1,6).
Die Weihe bevollmächtigt sie zu einem Dienst, der sich von den Aufgaben und
Diensten der übrigen Getauften wesentlich unterscheidet. Sie wird von
Bischöfen, die auch ihrerseits wieder von Bischöfen geweiht worden
sind, gespendet. Diese „Weihekette" lebendiger Zeugen verbindet die
Bischöfe mit den von Jesus erwählten Aposteln und ist sichtbarer Ausdruck der
Einheit der Kirche aller Zeiten und aller Orte. Die Bischöfe vollziehen ihr
Amt als Nachfolger der Apostel (apostolische
Sukzession). Die Evangelische Kirche lehnt diese
„sakrale" Sicht des geistlichen Amtes ab. Sie sieht im geistlichen Amt
keine Weihe der Person, sondern „nur" eine (allerdings von Gott
gewollte) Funktion,
die die Gemeinde jemandem (unter Umständen auch nur für eine bestimmte Zeit)
übertragen kann. ► Nach katholischer (und
orthodoxer) Lehre muss ein geweihter
Priester der
Eucharistiefeier vorstehen; nur er kann im Namen Jesu Brot und Wein konsekrieren.
Nach evangelischer Auffassung kann im Prinzip jede/r Getaufte das Abendmahl
leiten. Es besteht kein wesentlicher Unterschied zwischen der Vollmacht eines
Pfarrers (Pastors) und der eines (nur) Getauften. Um Unordnung zu vermeiden,
sollen jedoch auch nach vielen evangelischen Kirchenordnungen im Normalfall
nur geistliche Amtsträger/innen dem Abendmahl vorstehen. ► Katholischer (und
orthodoxer) Glaube hält fest, dass Christus auch nach der Messe im
eucharistischen Brot und Wein gegenwärtig bleibt (solange die Zeichen
bestehen, enthalten sie Christi Gegenwart). Die konsekrierten Gaben können
daher in der Kirche aufbewahrt, verehrt und bei Bedarf Kranken in die Wohnung
gebracht werden. Für Evangelische wird das, was vom Abendmahl übrigbleibt,
wieder zu gewöhnlichem Brot und Wein. ► Die katholische (und
orthodoxe) Kirche feiert sieben
Sakramente, die evangelische Kirche erkennt nur Taufe und
Abendmahl (Eucharistie) als Sakramente an (Trauung, Konfirmation, Übertragung
des geistlichen Amtes etc. sind für sie nur Segnungen, aber keine Sakramente,
weil sich dafür keine ausdrücklichen Einsetzungsworte Jesu in der Bibel
finden). ► Evangelische lehnen die Verehrung
Marias und der Heiligen ab,
weil sie befürchten, dass dadurch Gottes Ehre geschmälert wird. Katholische
(und orthodoxe) Gläubige verehren in den Heiligen das vielfältige Wirken
Gottes, der zu allen Zeiten Menschen in seinen Dienst berufen hat und durch
sie wirkt. Die beiden katholischen Mariendogmen
– besondere Erwählung („Rettung vor der Erbsünde") und Vollendung Marias
(„Aufnahme mit Leib und Seele in den Himmel") – sind nach evangelischer
Ansicht unbiblisch. Katholischer Glaube sieht darin eine legitime und
gottgewollte Entfaltung des biblischen Glaubens. ► Das rechte Verständnis
der Heiligen Schrift ist nach katholischer Lehre durch die
ununterbrochene Glaubenstradition des Gottesvolkes und durch das kirchliche
Lehramt (Konzile, Bischöfe, Papst) gegeben. Evangelischer Glaube hält die Hl.
Schrift allein für klar genug, um daran alle Lehren zu überprüfen („Die
Heilige Schrift legt sich selbst aus"). ► Die Gemeinschaft der Kirche spielt
für katholisch Glaubende eine viel wichtigere Rolle als für Evangelische.
Obwohl es in der Kirche auch viel menschliches Versagen gibt, bleibt sie nach
katholischer Lehre umfassendes Sakrament des Heils, also Zeichen und
Werkzeug der Liebe Gottes in der Welt. Neue Unterschiede In einzelnen Fragen der Ethik (z.B. Schutz
des menschlichen Lebens, Sexualität, Ehe) entfernen sich evangelische
Stellungnahmen in den letzten Jahrzehnten manchmal deutlich von jenen Normen,
die früher allen Kirchen gemeinsam waren und für die katholische Kirche noch
immer bestimmend sind. Aber trotz inhaltlicher Unterschiede erkennen alle
Kirchen die Botschaft Jesu als oberste Norm an. Ebenso lehren alle, dass der
einzelne Mensch immer verpflichtet ist, auf sein Gewissen zu hören und
danach zu handeln. Weg der Ökumene ist unumkehrbar „Der Weg der Ökumene, den das Zweite Vatikanische
Konzil [für die katholische Kirche] eröffnet hat, ist unumkehrbar. Er ist
eine Aufgabe, die der Herr uns gestellt hat. Wir müssen daher alles uns
Mögliche tun, um die Einheit der Christen in der Wahrheit und in der Liebe zu
fördern." Papst Johannes Paul II. (Brief an die deutschen
Kardinäle, 22. Februar 2001) „Eine echte Versöhnung zwischen den Christen wird
sich verwirklichen lassen, wenn wir verstehen, wechselseitig die Gaben des
anderen anzuerkennen, und fähig sind, demütig und aufmerksam voneinander zu
lernen, ohne zu erwarten, dass zuerst einmal die anderen von uns lernen.“ Papst Franziskus (Predigt in der Ökumenischen
Vesper am 25. Jänner 2017 in der römischen Basilika St. Paul vor den Mauern) Karl Veitschegger (1999/2002) (Diese Seite wurde schon mehrmals ganz oder teilweise
kopiert – oft ohne meine Zustimmung. Hier ist das Original.) Ökumenischer Rat der Kirchen in Österreich „Communio Sanctorum – Die Kirche
als Gemeinschaft der Heiligen“ – Ergebnis des Lehrgespräches einer
bilateralen Arbeitsgruppe im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz und der
Kirchenleitung der VELKD. Charta oecumenica
(22.4.2001) Zurück
zur Starseite von Karl Veitschegger Zurück
zum
Menü „Meine Artikel, Referate, Skizzen ...“ Karl Veitschegger © 2002 |