Engel, Engel, Engel … – von der Bibel bis zur Esoterik Aus
einem Interview mit mir im Pfarrblatt von Graz-Münzgraben Zu
Weihnachten hören wir von Engeln, in Gottesdiensten ist oft von ihnen die
Rede, Kirchen sind voller Engelbilder und auf den Friedhöfen findet man immer
häufiger Engelstatuen. Was fasziniert die Menschen an Engeln? Die „sichtbare Welt“, die wir Menschen
wissenschaftlich erforschen und technisch bearbeiten können, scheint eben
nicht alles zu sein, was existiert – und interessiert. Menschen haben seit
jeher gespürt, dass es auch noch eine andere Dimension der Wirklichkeit gibt.
Fachleute nennen das „Transzendenz“. Die Engel sind gleichsam Repräsentanten
dieser Transzendenz – nicht nur im Christentum, sondern in vielen Religionen.
Das Wort „Engel“ (von lateinisch „Angelus“) bedeutet „Bote“. Engel haben uns
also „etwas zu sagen“. Ihr Wesen wird in der Bibel nicht genauer definiert.
Wir hören, dass sie bestimmten Personen ein Wort Gottes übermitteln, Licht in
schwierige Situationen bringen, Menschen helfend begleiten, sie vor Unheil
bewahren, ihre Bitten vor Gott tragen und im Namen der ganzen Schöpfung
Gottes Größe preisen. Bibeltexte, in denen von Engeln die Rede ist, sind auch
in poetischer Hinsicht oft sehr schön. Es geht dabei um Gottes Nähe und um
Kommunikation zwischen Schöpfer und Schöpfung. Die Engelsdarstellungen in
Kirchen und anderswo können immer nur schwache Symbole für jene
geheimnisvolle Wirklichkeit sein, die wir „Engel“ nennen. Vor zu naiven
Vorstellungen ist zu warnen! Als
Kind glaubt man gerne an einen Schutzengel. Ist es albern, als Erwachsener an
Schutzengel zu glauben? In der Heiligen Schrift steht: „Er befiehlt
seinen Engeln, dich zu behüten auf all deinen Wegen.“ (Psalm 91) Davon
ermutigt sagt katholische Tradition: Jeder Mensch hat (zumindest) einen
Schutzengel. Das ist zwar kein Dogma, aber ich sehe darin einen schönen
Ausdruck dafür, dass Gott die Menschen nicht nur allgemein liebt, sondern
jedem und jeder von uns auf besondere Weise nahe ist! In
gewissen Läden findet man esoterische Bücher über Engel und Unmengen an
Engelsdevotionalien, wie Anhänger, Steine oder Sprays. Wo liegt der
Unterschied zwischen solchen und christlichen Engelsvorstellungen? Die biblisch-christliche Engel-Tradition ist
bescheiden und weiß weit weniger über die Engel, als manche Esoteriker zu
wissen vorgeben. Nach christlicher Theologie können Engel die Beziehung
zwischen Gott und Mensch unterstützen, aber sie spielen dabei niemals die
Hauptrolle! Das ist für mich ein wesentliches Unterscheidungskriterium. Das
Geschäft mit Engel-Sprays, Wunder-Steinen, Engel-Karten usw. ist von daher
leicht zu durchschauen. Was
kannst du den Lesern und Leserinnen unseres Pfarrblattes mitgeben? Christentum
ist weit mehr als Engel-Glaube. Das, was Engel geistig ausdrücken und
repräsentieren, die helfende Nähe Gottes, ist für uns viel deutlicher in
Jesus Christus gegeben. Er ist nicht bloß ein „guter Geist“, sondern
„Fleisch“ gewordene Liebe Gottes. An seinen Worten, seinen Taten, seinem
ganzen Leben bis zur Hingabe am Kreuz können wir erfahren, wie sehr Gott uns
liebt – und zwar jede und jeden von uns. Zitate zum Weiterdenken „Sind sie nicht alle nur dienende Geister,
ausgesandt, um denen zu helfen, die das Heil erlangen sollen?“ Hebräer 1,14 „Dass es geistige, körperlose Wesen gibt, die von
der Heiligen Schrift für gewöhnlich ‚Engel‘ genannt werden, ist eine
Glaubenswahrheit. Das bezeugt die Schrift ebenso klar wie die Einmütigkeit
der Überlieferung.“ Katechismus der katholischen Kirche 328 „Fürbitten heißt: jemanden einen Engel senden.“ Martin Luther (1483-1546) „Wer einen Engel sucht und nur auf die Flügel
schaut, könnte eine Gans nach Hause bringen.“ Georg Christoph Lichtenberg (1742-1799) „Ihr Ungeübten, die in den
Nächten nichts lernen. Viele Engel sind euch gegeben. Aber ihr seht sie
nicht.“ Nelly Sachs (1891-1970) „Sagt mir doch nicht Es gäbe keine Engel mehr Wenn Ihr die Liebe gekannt habt Ihre rosigen Flügelspitzen Ihre eherne Strenge.“ Marie Luise Kaschnitz Zurück
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