Karl Veitschegger (1991, 2000) Kirchlich heiraten
Theologische und praktische Hinweise für
katholische Christinnen und Christen Warum in der Kirche? „Eine Hochzeit in der Kirche ist viel
schöner!“ „Es ist so Brauch.“ „Die Verwandtschaft erwartet das.“ – Solche und
ähnliche Aussagen kann man hören, wenn von der kirchlichen Trauung die Rede
ist. Und doch ahnt wohl jede/r, dass es bei einer Hochzeit in der Kirche um
mehr geht als um eine schöne und althergebrachte Zeremonie. Auf die Frage:
„Warum heiraten Sie überhaupt?“ werden die meisten Paare antworten: Wir haben
uns gern und wollen miteinander durchs Leben gehen. Wir wünschen uns Kinder
und haben vor, eine Familie zu gründen. – Das sind wertvolle und wesentliche
Ziele der Ehe. Auch für Christinnen und Christen. Aber für sie hat die Ehe
noch einen tieferen Sinn, der sich allerdings nur den Glaubenden wirklich
erschließt. Brautpaare, die kirchlich heiraten wollen, sollten daher gut
überlegen, was der „Gang zum Traualtar" bedeutet. Ehe – ein Sakrament Christinnen und Christen glauben, dass Jesus
Christus durch seine Worte und Taten, ja mit seinem ganzen Leben die Liebe
Gottes geoffenbart hat. Und so hat auch die Kirche den Auftrag, in seinem
Namen immer wieder Gottes Liebe „sichtbar“, „hörbar“ und „spürbar“ werden zu
lassen. In den sieben Sakramenten geschieht dies auf sehr dichte und
prägnante Weise. Sakramente sind sichtbare Zeichen, in denen Gott uns seine
Liebe und Nähe vermittelt. Das gilt auch für das Sakrament der Ehe. Wenn
Brautleute nach reiflicher Überlegung in der Kirche einander das
Treueversprechen geben, dann sagen sie damit: Ich schenke dir meine
menschliche Liebe, aber ich darf dir auch die Liebe Gottes mitteilen, die
unsere menschliche Liebe umfängt und trägt, heiligt und „weiht“. In unserer
Liebe wird Christus gegenwärtig, ähnlich wie er in der hl. Kommunion
gegenwärtig ist. Unsere Liebe wird zum Sakrament. Wir wollen dieses Sakrament
im Glauben annehmen und danach leben. Berufung zur Treue Deshalb ergeht an christliche Eheleute ganz
besonders die Berufung zur Treue: So wie Gott seine Liebe zu den Menschen
niemals zurücknimmt, so wie Christus seine Kirche (trotz all ihrer Fehler und
Schwächen) immer liebt und nie verlässt, so sollen auch die Eheleute trotz
aller Schwierigkeiten, die kommen werden, einander immer die Treue halten
(vgl. Epheser 5,25-33). Damit kann ihr Ehebund auch für die Mitchristen und
alle Mitmenschen zum „Sakrament“, zum sichtbaren Zeichen der Treue Gottes
werden. Die Hochzeit ist nur der Anfang des Sakramentes. Das Ehesakrament
bleibt eine lebenslange Aufgabe. Christliche Trauung im Lauf der Geschichte Schon der Apostel Paulus legt Wert darauf,
dass die Heirat von Christinnen und Christen „im Herrn“ (1Korinther 7,39)
geschehen soll. Die äußere Form der Eheschließung richtet sich aber noch
lange Zeit einfach nach den Gesetzen und Bräuchen des jeweiligen Landes, in
dem die Gläubigen leben. Ab dem 4. Jahrhundert übernimmt bei Trauungen von
Christen zunehmend ein Priester (anstelle der Eltern) die Leitung der Feier.
Der Ritus war dabei von Gegend zu Gegend recht unterschiedlich: In Italien
spricht der Priester einen Segen über die Braut, im Osten gibt es eine
Krönung der Braut, in der westgotischen Hochzeitsfeier eine Ringsegnung usw. Seit dem Mittelalter Vom frühen Mittelalter an entfaltet die Kirche
immer deutlicher die Lehre von der Ehe als Sakrament. Ab dem 12. Jahrhundert
wird die Ehe zusammen mit Taufe, Firmung, Eucharistie, Buße, Krankensalbung
und Priesterweihe fix zu den „sieben Sakramenten“ gezählt. Im Unterschied zu
anderen Sakramenten wird das Ehesakrament (nach römischer Ansicht) nicht vom
Priester gespendet, sondern die Brautleute selbst spenden es sich gegenseitig
durch ihr Treueversprechen. Der Priester (oder Diakon oder ein anderer
Zelebrant), der die Trauung hält, bestätigt und segnet dann den Ehebund. Noch
weit über das Mittelalter hinaus ist es katholischen Brautpaaren möglich,
auch ohne Priester gültig zu heiraten. Da der Staat damals die Ehen nicht
registriert und auch die Aufzeichnungen der Kirche nur sehr mangelhaft sind,
kommt es zu einer Anhäufung von „heimlichen Ehen“. Es steigt die Gefahr von
Untreue und Doppelehe. Die katholische Kirche führt daher beim Konzil von
Trient (1545 - 1563) die so genannte „Formpflicht“ ein: Katholische Christen
und Christinnen haben seither die Pflicht, ihren Ehewillen vor einem Priester
(oder einer anderen Vertretung der Kirche) und zwei weiteren Zeugen zu
bekunden. Nur dann wird eine Ehe von der Kirche als gültig anerkannt. (Nur in
Sonderfällen gibt es Dispensen von dieser Regel.) Standesamtliche Trauung Nach der Französischen Revolution erhebt auch
der Staat die Forderung nach einer öffentlichen Eheschließung. Die
standesamtliche Trauung wird erfunden. Einige Staaten vermeiden aber die
Doppeltrauung und erkennen die religiöse Trauung auch staatlich an. In
anderen Ländern – dazu gehört heute auch Österreich – sind zwei getrennte
Vorgänge notwendig. Normalerweise findet vor der kirchlichen Trauung die
Eheschließung am Standesamt statt. Anmeldung zur kirchlichen Trauung Es ist ratsam, wenn das Brautpaar schon
etliche Wochen vor dem geplanten Hochzeitstermin in dem zuständigen
katholischen Pfarramt der Braut oder des Bräutigams – bei
gemischtkonfessionellen Paaren im Pfarramt des katholischen Teiles –
vorspricht. Es müssen einige wichtige Dinge rechtzeitig erledigt werden: Der
Pfarrer muss das „Trauungsprotokoll" aufnehmen (dazu sind einige
Dokumente erforderlich); das Brautpaar soll an einem Ehevorbereitungskurs
teilnehmen; es bedarf der Klärung, wann und wo und von wem die Trauung gehalten
werden soll; der Trauungsgottesdienst muss vorbereitet werden usw. „Mein Partner ist nicht katholisch!“ In diesem Fall ist es notwendig, dass die
Brautleute mit dem katholischen Pfarrer die Situation besprechen. Er kann
sagen, unter welchen Voraussetzungen eine katholische Hochzeit möglich ist.
Es gibt für diesen Fall mehrere Formen der Trauungsfeier. Auf Wunsch besteht
auch die Möglichkeit, dass die Pfarrer beider Kirchen bei der Trauung
mitwirken. „Ich bin geschieden. Jetzt will ich wieder heiraten!“ Menschen, die schon einmal eine (im Sinne der
Kirche) gültige Ehe geschlossen haben, können zu Lebzeiten ihres ersten
Ehepartners nicht noch einmal katholisch heiraten. Sie können allerdings ihre
erste Ehe durch ein kirchliches Gericht auf ihre Gültigkeit hin überprüfen
lassen (Diözesangericht). Wird nach Vorliegen triftiger Gründe
diese Ehe als ungültig erkannt (Annullierung), kann eine neue Ehe kirchlich
geschlossen werden. Wiederverheiratete gehören zur Kirche Die katholische Kirche beruft sich auf die Botschaft
Jesu (Markus 10,2-12) und will gerade auch in unserer Zeit klar und deutlich
für die eheliche Treue („bis der Tod euch scheidet“) eintreten. Sie weiß aber
auch, dass Ehen zerbrechen können und dass die Betroffenen oft in einer
zweiten (zivilen) Ehe eine neue und glücklichere Beziehung aufbauen wollen.
Sie verurteilt diese Menschen nicht! Papst Johannes Paul II. hat (in seinem
Rundschreiben „Familiaris consortio“ 1981 und
öfter) Seelsorger und Pfarrgemeinden aufgefordert, Paaren, die in einer solchen
Situation leben, mit Respekt und Verständnis zu begegnen und ihnen menschlich
und religiös beizustehen. So gelten für wiederverheiratete Geschiedene zwar
Einschränkungen beim Sakramentenempfang, sie
gehören aber zur Kirche und sind eingeladen, an Gottesdiensten und
kirchlichen Feiern teilzunehmen, das Wort Gottes zu hören, zu beten, sich am
Leben der Pfarre zu beteiligen und kirchliche Einrichtungen in Anspruch zu
nehmen. Sie können ihre Kinder taufen lassen und sollen sie im christlichen
Glauben erziehen. Sie erhalten auch einmal ein kirchliches Begräbnis. Und die Kommunion? Wenn sie das aufrichtige Bedürfnis haben,
auch die Sakramente zu empfangen, sollen sie mit einem Priester ihres
Vertrauens ihre Situation klären und mit ihm auch über die Möglichkeit einer
Teilnahme an den Sakramenten sprechen. „Das kirchliche Recht kann nur eine
allgemein gültige Ordnung aufstellen, es kann jedoch nicht alle oft sehr
komplexen einzelnen Fälle regeln“, sagt das Lehramt der katholischen Kirche
dazu (Katholischer Erwachsenenkatechismus. Das Glaubensbekenntnis der Kirche,
herausgegeben von der deutschen Bischofskonferenz, 2. Auflage 1985, Seite
395). Hier kann der einzelne Seelsorger raten und helfen. Karl Veitschegger (1991, 2000) Dieser Artikel erschien in: Gerhard Krispl
(Hrsg.), Unser schönster Tag – Der persönliche Hochzeitsführer Steiermark,
Graz 1991, und wird hier leicht verändert wiedergegeben. Zurück
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