Karl Veitschegger 2001 Beichten? – Gedanken zum Bußsakrament Beitrag für „Neues vom Graben“ (1/2001)
„Zu meiner Schulzeit war das Beichtengehen
ein Horror. Mich kriegt niemand mehr in den Beichtstuhl!“ „Ich habe keinen
umgebracht und komme mit meinen Mitmenschen recht gut aus. Was sollte ich
beichten?“ „Was gehen den Pfarrer meine Sünden an? Schafft die Beichte ab!“ Solche und ähnliche Äußerungen der jetzigen
Großelterngeneration machen klar: Die Beichte ist schon länger nicht „in“.
Der Beichtboom früherer Jahrzehnte ist vorbei. Zwischen 1850 und 1965 wurde
so oft und so viel gebeichtet wie niemals zuvor in der Kirchengeschichte.
Ohne Zweifel ging das auf Kosten der Qualität. Moralische Kleinkrämerei,
übertriebene Sündenangst und Zwang in der religiösen Erziehung verdüsterten
zusätzlich die Schönheit dieses Sakramentes. Es wurde von vielen nicht mehr
als Geschenk, sondern als Last erlebt. Neuentdeckung Manches muss längere
Zeit ruhen, bevor es neu entdeckt werden kann. Vielleicht gilt das auch für
die Beichte und alles, was dazugehört. Denn sie ist ja etwas, was dem Wesen
des Menschen durchaus entspricht. Wer ehrlich mit sich selber ist, wird im
Laufe des Lebens immer wieder sagen müssen: Hier habe ich versagt. Hier habe ich
einen Schnitzer gemacht. Hier habe ich mich verrannt. Wer ehrlich ist, weiß
auch, dass sich vieles nicht einfach mit ein bisschen guten Willen
zurechtbiegen lässt. Und er weiß, dass es Schuld gibt, die man eigentlich
nicht wiedergutmachen kann, vielleicht weil der Mitmensch, an dem man
schuldig geworden ist, nicht mehr erreichbar ist, vielleicht weil die bösen
Folgen eigenen Versagens sich trotz Reue der Kontrolle entziehen. Wir haben
das, was wir getan haben und tun, nie ganz in unserer Hand. Es übersteigt
unsere Kräfte. Wird
alles wieder gut? Jesus, der große
Menschenkenner, weiß um diese verzwickte Situation des Menschen und verkündet
deshalb eine Vergebung, die weit über menschliches Verzeihen hinaus geht:
„Deine Sünden sind dir vergeben“ – Es wird alles wieder gut! So etwas
kann nur Gott selbst versprechen. Nur er hat das „Wort, das alles heilt“
(Weisheit 16,11). Nur Er kann auch die krummsten Dinge, die Menschen gedreht
haben, zu einem guten Ende führen. Und Er tut das auch wirklich, wenn
Menschen seine Vergebung annehmen und in sich wirken lassen. Diese erlösende
Wahrheit hat Jesus gelebt und dafür ist er gestorben. Sündenvergebung
in vielen Formen Es ist der Wille
Jesu, dass dieses Wort der Vergebung in der Welt nicht verstumme. Deshalb
gibt er – so bezeugt die Bibel – seinen Aposteln etwas Wichtiges mit auf den
Weg: „Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben ...!“ (Joh
20,23) Seit 2000 Jahren bemüht sich die Gemeinschaft der Kirche, diese
Vergebung Gottes auf verschiedene Weise sichtbar und hörbar an die Menschen
weiterzugeben: durch das Verkünden des Evangeliums, durch die Feier der Taufe
und der heiligen Messe, durch Bußgottesdienste, Fürbitten usw. Und Menschen
zeigen ebenfalls auf vielfältige Weise, dass sie erneut den Weg des Guten
gehen wollen: durch tätige Reue, Werke der Nächstenliebe, Gebete,
Versöhnungsbereitschaft, Feindesliebe usw. Eine besondere Form Eine ganz besondere
Form der Sündenvergebung ist das Sakrament der Buße, bei uns meist
sehr verkürzt „Beichte" genannt, weil man dabei seine Schuld nicht nur
innerlich bereut, sondern auch mutig beim Namen nennt („beichtet"). Der
Priester, der in der Nachfolge der Apostel steht, darf dann im Sinne Jesu die
Lossprechung (Absolution) geben. Sein Vergebungswort ist das menschliche
Zeichen für die Vergebung Gottes (ähnlich wie bei der hl. Messe Brot und Wein
sichtbares Zeichen für die Gegenwart Jesu sind.) Wer dieses Sakrament
aufrichtig empfängt, erhält eine große Kraft für die sinnvolle Gestaltung
seines Lebens. Muss
man in den Beichtstuhl? Es gibt mehrere
Möglichkeiten, das Sakrament der Buße zu empfangen. Manche gehen gerne in
einen Beichtstuhl (wegen der größeren Anonymität), andere bevorzugen das
Aussprachezimmer eines Priesters. Man muss bei einer Beichte nicht alle
Sünden aufzählen oder gar irgendwelche Formeln auswendig aufsagen, wie manche
meinen. Nach einer ernsthaften Gewissenserforschung weiß man normalerweise,
was wichtig ist und was benannt werden soll. Für jemanden, der dieses
Sakrament schon länger nicht empfangen hat, ist es wohl am besten, wenn er
mit einem Priester ein Gespräch vereinbart. Der Priester hilft dann gerne
weiter. Pflicht
zur Beichte? Die Kirche lädt die
Gläubigen ein, das Sakrament der Buße öfter zu empfangen. Dazu verpflichtet
sind nach der Lebensordnung der katholischen Kirche die Gläubigen allerdings
nur dann, wenn sie sich einer schweren Sünde bewusst sind. In diesem
Fall sollen sie innerhalb eines Jahres, aber nach Möglichkeit bevor sie
wieder zur heiligen Kommunion gehen, das Sakrament der Buße empfangen. Als schwer
gilt eine Sünde dann, wenn sie (1.) eine „wichtige Sache" betrifft,
also im groben Kontrast zum christlichen Leben, wie es sein soll, steht, (2.)
vom Gewissen klar als Sünde erkannt und (3.) trotzdem mit
bedachter Zustimmung begangen wird. „Buße“ kommt von „bessern“ „Es gibt heute weniger Beichten als früher,
aber ihre Qualität hat zugenommen", sagt ein erfahrener Seelsorger. Das
Ziel des Bußsakramentes und aller anderen Formen der Buße liegt darin, dass
es dem Menschen im Vertrauen auf Gott immer „besser" gelingt, ein
versöhnter Mensch zu sein – versöhnt mit Gott, mit den Mitmenschen, mit der
Schöpfung, mit dem eigenen Leben. Auf jeden Fall ein erstrebenswertes Ziel. Zum
Weiterdenken „Gott kann
machen, dass das Falsche zum noch Besseren wird, als das Richtige gewesen
wäre." Sören
Kierkegaard Zurück zur
Homepage von Karl Veitschegger Zurück zum Menü "Artikel,
Referate, Skizzen ..." Karl Veitschegger ©
2001 |