Karl Veitschegger (März 2023) Wie kann man heute an die Auferstehung
glauben? In der Zeitschrift
„vernetzt“ (1/2023) des Seelsorgeraumes Graz-Nord antworte ich auf einige
Fragen zur Auferstehung Jesu. Klingt das, was
wir zu Ostern feiern, nicht sehr märchenhaft? Oder gibt es da so etwas wie
sichere Fakten? Historisch sicher ist:
Jesus von Nazaret wurde gekreuzigt. Wahrscheinlich am 7. April des Jahres 30,
knapp vor dem jüdischen Pessachfest. Es ist eine
grausame Hinrichtung, wie sie die Römer als Abschreckung für Unruhestifter
vorsehen. Im konkreten Fall wird sie von der Jerusalemer Tempelpriesterschaft
und einer kleinen aufgehetzten Meute erwirkt. (Später hat man daraus eine
jüdische Kollektivschuld gemacht mit schrecklichen Folgen, wie wir wissen!)
Es ist aber die Hierarchie, die sich an Jesus für dessen Kritik an ihrer
Religiosität rächt und Pilatus kann ein Exempel statuieren, wie Rom mit
jemandem verfährt, den begeisterte Fans zum „König der Juden“ ausrufen
wollen. Das Ganze soll möglichst rasch über die Bühne gehen, denn – so heißt
es in der Bibel – „sie fürchteten das Volk“ (Lukas 20,19). Wie ging es da
den Jüngern Jesu? Für die Jüngerschaft Jesu
ist die Kreuzigung eine Katastrophe. Die Männer lassen Jesus schon vor der
Verhaftung im Stich. Dann quält sie in ihren Köpfen vielleicht das Wort aus
der Tora: „Verflucht ist, wer am Holze hängt.“ (Deuteronomium 21,23, Gal
3,13) Ist ihr Meister von Gott verflucht? War er nur ein frommer Narr oder
gar ein Scharlatan? Ist seine Botschaft von der universalen Liebe weltfremdes
Gefasel? Jetzt ist er jedenfalls das Opfer brutaler religiöser und
politischer Macht. Aus der Traum. Enttäuschung.
Angst. Zweifel. Unglaube. Depression. Man spürt das noch aus den Zeilen der
Evangelien, die auch sehr ehrlich von der Feigheit und dem Versagen der
Jünger berichten. Aber es ging ja
dann doch weiter … Ja genau, und das ist wirklich erstaunlich!
Es ist historisch sicher, dass schon bald nach der Hinrichtung Jesu seine
Jünger und Jüngerinnen öffentlich auftreten und behaupten: „Jesus, der
gekreuzigt worden ist, lebt!“ Sie verwenden dabei auch die Formel: „Gott hat
ihn von den Toten auferweckt.“ So etwas klingt total verrückt. Auch damals.
Das wissen sie. Und dennoch verkünden sie das mit großer Überzeugung. Was
treibt die vor kurzem noch Feigen und Verängstigten jetzt dazu? Was brachte
den plötzlichen Umschwung? Sie müssen also
etwas Besonderes erlebt haben … Ja! Ein besonderes Erlebnis oder mehrere.
Sie drücken das Erlebte so aus: Jesus ist uns „erschienen“. Viele theologische und historische
Jesusbücher geraten in Verlegenheit, wenn sie auf dieses Phänomen zu sprechen
kommen. Einerseits kann man sich so eine „Auferstehung von den Toten“ nicht
wirklich vorstellen, andererseits ist ohne ein einschneidendes Ereignis die
weitere Entwicklung der Jesusbewegung nicht erklärbar. Dass die Apostel
Betrüger waren, ist auszuschließen. Zum Betrüger wird nur, wer sich vom
Betrug einen Vorteil erwartet und nicht von vornherein Kopf und Kragen
riskiert. Dass sie sich alles nur eingebildet hätten, klingt auch nicht
überzeugend. Einmal waren es sogar 500 Jünger, denen Jesus „erschien“. So
steht es in einem Paulusbrief, den auch sehr kritische Historiker als echt
bestätigen (1 Korinther 15,6). Paulus verweist darin (um 55 n. Chr.) seine
Leserschaft auf noch lebende Zeugen und Zeuginnen. Es muss also schon etwas
ganz Besonderes gewesen sein, was wir bis heute „Auferstehung“ nennen … Wie darf man
sich die Gestalt
des Auferstandenen vorstellen? Wie der, der ihnen
„erschien“, ausgesehen hat, erfahren wir aus den ältesten Texten nicht. Nur
dass sie ihn als den erkannt haben, der gekreuzigt worden ist, und dass er
jetzt auf neue, ganz andere Weise lebt. Auch die später (zwischen 70 und 100
n. Chr.) entstehenden Evangelien sind diesbezüglich zurückhaltend, obwohl sie
sich bereits bemühen, mit ihren Ostererzählungen das Unvorstellbare und
Unbeschreibliche anschaulich zu machen. Sie wollen die Herzen ihrer
Leserschaft bewegen, Osterfreude entfachen, sie etwas vom Feuer des Ursprungs
spüren lassen … War das Grab
Jesu nach der Auferstehung leer? Darüber wurde in der evangelischen
und katholischen Theologie schon viel diskutiert. Auch darüber, wie man sich
eine „leibhafte Auferstehung“ vorstellen kann. Paulus schreibt z. B.: Es
stirbt der natürliche Leib, aber auferstehen wird „ein geistlicher (!) Leib.“
(1 Korinther 15,44 wörtlich) Hm, schwierig. Eines ist sicher: In den ältesten
Texten des Neuen Testamentes spielt das leere Grab noch keine Rolle, was aber
nicht bedeutet, dass es nicht leer war. Es ist für viele bis heute ein
wichtiges Zeichen der Hoffnung. Aber wir wissen auch: Nicht das leere Grab
führte die Jüngerschaft zum Glauben, sondern die „Begegnung“ mit dem auf neue
Weise Lebendigen. Da sind sich alle Quellen einig. Was ist für
dich die Auferstehung Jesu? Wie würdest du das zusammenfassen? Was an jenem „ersten
Ostersonntag“ geschah, bleibt letztlich ein Geheimnis. „Auferstehung“ ist
weder einfach die Wiederbelebung einer Leiche, noch die bloß geistige
Weiterexistenz einer Person, auch nicht nur inneres Erleben der Jünger und
Jüngerinnen. Sie übersteigt naturwissenschaftliche, psychologische und
historische Kategorien. Jemand sprach einmal von einem „Sprung in eine ganz
neue Ordnung“. Was immer den Jüngern und Jüngerinnen damals genau widerfahren
ist, ihre Erlebnisse bedeuten für uns Christenmenschen und daher auch für
mich: Jesus lebt wirklich – auf eine neue, unvorstellbare Weise – in Gott,
unter uns und in uns! Die Kernpunkte seiner Botschaft sind aktueller denn je.
Der Glaube an ihn befähigt auch heute viele, zuversichtlicher, wahrer, reifer
und großzügiger zu leben. Bosheit, Leid und Tod haben nicht das letzte Wort. Und wenn jemand
nicht an die Auferstehung Jesu glauben kann? Auch diese Menschen
lade ich ein, Ostern zumindest als Symbol der Hoffnung anzunehmen:
Enttäuschte Sehnsüchte nach Liebe, Gerechtigkeit, Frieden und Glück müssen
nicht „begraben“ bleiben, sondern können „auferweckt“ werden. Es ist gut,
trotz mancher Widerstände ein liebender Mensch zu sein. In diesem Sinne
wünsche ich allen Menschen frohe Ostern! Karl Veitschegger Theologe, Religionspädagoge,
Brauchtumsforscher, früher Leiter des Pastoralamtes der Diözese Graz-Seckau Minimal verändert erschien das Interview dann im
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