Karl Veitschegger

 

Fronleichnam: Schmeckt und seht!

Neun Wochen nach dem Gründonnerstag geht es wieder um das Abendmahl


 

Einladung

Die Fronleichnamsprozessionen mit Blasmusik und Kirchenchor, Fahnen und Kerzenleuchtern, Birkenbäumchen und Rosenblättern, Weihrauchduft und Glockengeläute sind landauf landab eine unüberhörbare Einladung an Jung und Alt, Gläubige und Skeptiker, Besinnliche und Schaulustige: „Schmeckt und seht, wie freundlich Gott ist!“ (Psalm 34,9).

 

Fleisch und Blut

Alle Religionen preisen die Freundlichkeit Gottes, aber Christen und Christinnen wagen zu behaupten, dass sie in Jesus Christus „Fleisch und Blut“ geworden ist. Und wenn sie die hl. Messe feiern, rufen sie diesen Jesus in ihre Mitte, „begreifbar" und „verkostbar" in den Gestalten von Brot und Wein. Unsere mittelalterlichen Vorfahren nannten das eucharistische Brot „vronlichnam" (Herrenleib; vron = Herr, lichnam = Leib), längst bevor es in einer Monstranz (Schaugefäß) bei Umzügen mitgetragen wurde und es einen eigenen Festtag dieses Namens gab. 

 

Anregung einer Frau

Ursprünglich wurde nur an einem Tag im Kirchenjahr besonders der Einsetzung der Eucharistie gedacht: am Gründonnerstag. Da aber der Ernst der Karwoche lauten Festjubel nicht zuließ, entstand im 13. Jahrhundert auf Anregung der hl. Juliana von Lüttich das Fronleichnamsfest.

 

Fröhlicher Gründonnerstag

So wurde der Donnerstag nach der Pfingstwoche zum „fröhlichen Gründonnerstag", der mit der gewünschten Prachtentfaltung gefeiert werden konnte. Über die ganze Schöpfung, über Felder und Fluren, Dörfer und Städte wird an diesem Tag Gottes Segen ausgerufen. Das Fronleichnamsfest ermuntert zu dankbarem Genuss der schönen Dinge dieser Welt und verweist zugleich auf den, der allein im Stande ist, den ganzen Hunger des Menschenherzens zu stillen. Dafür gehen katholische Christen und Christinnen an diesem Tag sogar auf die Straße.

 

Karl Veitschegger

(Erste Veröffentlichung in "Neues von Graben" 3/1996)

 


Karl Veitschegger (2024)

 

Fronleichnam & die Birke


Es ist ein alter Brauch, den Weg der Fronleichnamsprozession mit Birkenbäumchen zu schmücken. Diese Birken gelten im Volksglauben durch das Vorbeitragen der konsekrierten Hostie als besonders gesegnet. Manche Gläubige brechen daher Zweige von diesen Birken ab und nehmen sie mit nach Hause. Diese werden ähnlich wie die österlichen Palmzweige oder die Kräuterbüschel des „Großen Frauentages“ als Segenszeichen in Ehren gehalten.

 

Warum die Birke?

Seit alten Zeiten gilt die Birke im Norden und Osten Europas als Baum des Frühjahrs, des Neubeginns, der Liebe, des Lebens, der Fruchtbarkeit und vor allem — wegen ihres hellen Stammes! — als Symbol des Lichtes. Das Wort „Birke“ bedeutet die „Glänzende“. Wiegen für Neugeborene wurden früher, so habe ich gehört, gerne aus Birkenholz gezimmert. Russische Märchen erzählen, Birken seien verzauberte Mädchen oder Wohnungen für schöne Feen. Wirkstoffe der Birke gelten in der Volksmedizin als bewährte Hausmittel gegen Haarausfall, Rheuma, Gicht, Arthritis, Nieren- und Blasensteine …

Das alles mag eine Rolle gespielt haben, dass die Birke zum „Fronleichnamsbaum“ wurde.

 

Karl Veitschegger (2024)

 


Karl Veitschegger (2024)

Fronleichnam — Lose Gedanken zum Fest


Geschenke, Geschenke, Geschenke …

Es gibt verschiedene Arten von Geschenken: Anlassgeschenke, Werbegeschenke, Verlegenheitsgeschenke, Bestechungsgeschenke, Versöhnungsgeschenke, aber auch sorgfältig und mit Liebe ausgesuchte Geschenke; Geschenke, die einfach Freude oder Spaß machen sollen …

 

Verschenktes Leben

Und es gibt Geschenke, in denen wir ein Stück unseres Lebens weitergeben: ein Bild, einen Ring, ein Spielzeug aus unserer Kindheit; Dinge, die mehr als schöne Dinge sind, weil wir durch sie jemanden teilhaben lassen an unserem Leben. Geschenke, die aus der Mitte unseres Herzens kommen und in denen wir präsent sind. In einem gewissen Sinn geben wir uns dadurch selbst aus der Hand, liefern uns anderen aus. Was werden sie mit dem Geschenk machen? Werden sie es „annehmen“ und zu „würdigen“ wissen. Wir können nur vertrauen…

 

Jesus-Geschenk

Ähnlich, wenn auch ungleich intensiver, ist das Geschenk, das Jesus uns in der Eucharistie hinterlassen hat. In der Bibel werden die Worte Jesu überliefert: „Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben. Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch — für das Leben der Welt.“ (6,52) Und: „Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich bleibe in ihm.“ (6,56) Jesu ganzes Leben war „Brot“ für die anderen. Und im Zeichen des „Brotes“ verschenkt er sich bis heute an uns, gibt sich in unsere Hand, liefert sich uns vertrauensvoll aus … — weil er sein Leben mit uns teilen will. Auch wir dürfen und können „Brot“ füreinander sein.

 

Karl Veitschegger (2024)

 

 

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