Karl Veitschegger (2005/2009)

 

Aids, Kirche und Kondome

Ein Statement zum Weltaidstag 2005/aktualisiert 2009


 

Kirche hilft

Über ein Viertel aller Aidskranken dieser Welt werden in katholischen Spitälern und Einrichtungen medizinisch betreut, oft lange Zeit gepflegt und menschlich begleitet. Hin und wieder gibt es dafür auch Dank und Anerkennung. Meist aber wird die katholische Kirche angegriffen, weil sie der üblichen Kondom-Propaganda kritisch gegenübersteht. Was ist dazu zu sagen?

 

Mit ABC gegen Aids

Ich persönlich habe mit viel Interesse und Sympathie von der „ABC-Regel“ der Anti-Aids-Kämpfer in Afrika gehört: A steht dabei für „abstinence“ (Verzicht auf leichtfertige Sexualkontakte), B für „be faithful“ (sexuelle Treue), C für „condoms“. Der Kirche kommt dabei vor allem die Aufgabe zu, A und B zu fördern. Denn mit der Propaganda für Kondome allein, so sagen viele Afrikanerinnen und Afrikaner, lässt sich Aids im schwarzen Kontinent nicht stoppen und lässt sich schon gar nicht die gefährliche Einstellung vieler Männer, frei über die Sexualität der Frauen verfügen zu dürfen, wirksam ändern. Sie trauen den Afrikanern aber andererseits durchaus zu, dass sie Werte wie verantwortungsvollen Umgang mit Sexualität, zu dem auch (zeitweiliger) Verzicht gehören kann, Respekt vor der Frau, Treue in der Partnerschaft, Sorge um die Gesundheit der Familie usw. anerkennen und auch leben können. Diese Werte sind den traditionellen Werten Afrikas, die auf dem hektischen Weg dieses Kontinents in die Moderne weithin in Krise geraten sind, auch nicht fremd. Die Behauptung, Afrikaner seien eben promisk und zur Treue nicht fähig, wird in Afrika als rassistisches Vorurteil empfunden.

 

Dann sind Kondome okay

Freilich kann auch bei einem Ehepaar, das sich sexuell treu ist, der Mann oder die Frau mit dem Aids-Virus infiziert sein. Etliche Kardinäle und Bischöfe haben bereits darauf hingewiesen, dass in solchen Fällen der Gebrauch von Kondomen moralisch okay sei. Darunter auch der langjährige Theologe des päpstlichen Hauses, Kardinal Cottier. Für alle vor- und außerehelichen Sexualkontakte muss – aus katholischer Sicht – auf das Prinzip des minus malum, des kleineren Übels, hingewiesen werden: Wenn schon außerehelicher Sex, dann wenigstens geschützt und nicht auch noch todbringend! Im Übrigen sollten wir alle, ob wir uns der Kirche besonders verbunden fühlen oder nicht, über eine neue Kultur menschlicher Sexualität gründlich nachdenken.

 

Karl Veitschegger (27.11.2005/29.3.2009)

 

 

Kirchliche Statements zur „Kondomdebatte" – ausgelöst durch Afrikareise des Papstes 2009

 

► Kardinal Meisner: „Dem Papst wurde unterstellt, er habe alle Welt aufgefordert, keine Kondome zu benutzen. Das hat er aber gar nicht getan. Der Papst hat keinen Mann, der wahllos mit Frauen schläft, aufgefordert, jetzt auch noch auf Kondome zu verzichten. Vielmehr hat er darauf hingewiesen, dass man dafür sorgen muss, dass solche Männer auf ihren unverantwortlichen Umgang mit Sexualität verzichten." (Interview in der „BILD", 28.3.2009)

 

► Erzbischof Zollitsch: „Benedikt XVI. hat nicht einfach gesagt: Kondome darf es nicht geben. Aber die Differenzierung, die er zum Ausdruck gebracht hat, wollte man offenbar gar nicht zur Kenntnis nehmen. Alle wollten nur hören: Kondome – nein. [...] Und auch das gehört zu einer differenzierten Wahrnehmung: Dass die katholische Kirche nie gesagt hat, dass man kein Kondom in der Ehe benutzen darf, wenn einer der beiden Ehepartner Aids hat." (Interview in „Der Tagesspiegel", 30.3.2009)

 

Kardinal Jean-Claude Turcotte: „Wenn jemand Aids hat, dann ist es seine Pflicht, die Menschen, mit denen er eine Beziehung hat, zu schützen." (Interview in „Le Devoir", 11./12.4.2009)

 

Kardinal Wilfrid Napier (Durban, Südafrika): „Wer ein Problem behandeln will, muss an die Ursache gehen. Und die Ursache ist vor allem sexuelle Promiskuität. Deshalb weist die Kirche auf die Notwendigkeit einer Verhaltensänderung hin. In diese Richtung geht im Übrigen auch die Politik der ugandischen Regierung. Sie hat Erfolg: Die Rate der Neuinfizierten ist in Uganda deutlich zurückgegangen – im Gegensatz zu Südafrika, wo wir mit Kondomen überflutet werden und trotzdem die höchste Neuinfektionsrate haben.“ (Radio Vatikan deutsch, Tagesmeldung 19.7.2009)

 

Kardinal Schönborn über einzelne „Kondomgegner" im Vatikan:

„Zum Kondom-Thema und Afrika empfehle ich, afrikanische Bischöfe zu fragen. [...] Ich sage dazu, darüber sollen gewisse Leute – ich meine jetzt nicht den Papst, denn der hat nie darüber gesprochen – gewisse Leute in Rom weniger reden und die afrikanischen Bischöfe reden lassen. Es gibt ein paar Übereifrige auch in Rom, die zu diesem Thema Dinge sagen, zu denen sie besser den Mund halten sollten." (Christoph Schönborn/Barbara Stöckl, Wer braucht Gott, Salzburg 2007, S.125/126)

 

„Der Papst, die Kondome und das Beispiel Uganda“ (März 2009): http://www.welt.de/politik/article3457599/Der-Papst-die-Kondome-und-das-Beispiel-Uganda.html

 

 

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