„Wir
gehen vom Leben der Menschen aus“ Gedanken
zum ersten Punkt des Zukunftsbildes der katholischen Kirche Steiermark Der Kerntext des
Zukunftsbildes der katholischen Kirche Steiermark beginnt mit keinem
Bibelwort, keiner dogmatischen Aussage, keinem Konzilszitat, sondern mit dem
Satz: „Wir gehen vom Leben der Menschen aus.“ Sehr schlicht, aber kühn! Mich
hat das sofort gepackt. Andere haben sich daran gestoßen und eine
theologische Einführung eingemahnt. Diese wurde schließlich auch
nachgereicht, Ergänzungen wurden angebracht. Aber der schlichte Satz blieb
stehen und verweist uns als Kirche in der Steiermark unerbittlich auf den
Weg, den Jesus selbst gegangen ist: Denn bevor er eine Predigt hielt, ein
Wunder wirkte oder zur Umkehr rief, wurde er Mensch. Ein echter Mensch. So
war es Gottes Wille. Mensch sein lernen Rund 30 Jahre lebt Jesus
in Nazaret. Er erlernt dort nicht nur ein Handwerk, sondern lernt vor allem
das Menschsein - in seiner Alltäglichkeit und Besonderheit, mit seinen
Höhepunkten und Abgründen. Er erlebt das Gelingen und Missglücken
menschlicher Beziehungen, weiß um Zärtlichkeit und Gewalt, um Herzensenge und
Großzügigkeit, um Heuchelei und Gottesnähe. Er, der sich später mit Vorliebe
„Menschensohn“ nennen wird, ist ein Lernender, bevor er andere belehrt. Gehorchen und Hineinhorchen Obwohl er Gottes Sohn
ist, „hat er Gehorsam gelernt“,
sagt der Hebräerbrief (5,8). Im liebevollen und demütigen Mit-Leben mit den
Menschen, in den Begegnungen mit ihnen, lernt Jesus seine Sendung, lernt er
das „Gehorchen“, das „Hineinhorchen“ in den Willen Gottes, seines Vaters. Das
macht ihn dann auch glaubwürdig für jene, die Suchende sind und ein offenes
Herz haben. „Er lehrte sie wie einer, der (innere) Vollmacht hat, nicht wie
die Schriftgelehrten.“ (Mk 1,22) Begleiterin, nicht „Schriftgelehrte“ Die katholische Kirche
in der Steiermark will keine „Schriftgelehrte“ sein, keine moralische oder
politische Besserwisserin, die schon von vornherein weiß, was für die
Gesellschaft und für jeden und jede in dieser oder jener komplexen Situation
richtig ist. Nein, sie will eine Kirche sein, die um ihre eigene
Menschlichkeit weiß, auch um das Allzu-Menschliche in ihr, eine Kirche, die
lernfähig ist und behutsam, aber in großem Vertrauen auf Menschen zugeht –
auch auf solche, die ihr noch „fremd“ sind oder in sehr verzwickten
Situationen leben. Sie vertraut auf die Gegenwart Gottes in jedem Menschen.
Niemand, der ihre Gemeinschaft will, soll sich verstellen oder verbiegen
müssen, sondern jeder und jede soll aufrichtig da sein dürfen, soll das
finden können, was er oder sie menschlich braucht, soll entdecken können, was
für ihn oder sie jetzt der Wille Gottes ist. Nicht frei von Zweifel Allen, die Begleitung
brauchen und wünschen, möchte sie verlässliche Begleiterin sein – nicht frei
von Zweifel und Unsicherheit, aber offen für die Fülle des Evangeliums und
für den Geist Jesu, der uns auch neue Wege erschließt und zumutet. Demütiger und glaubwürdiger Eine solche Kirche wird
bescheidener sein, demütiger, menschlicher – und deshalb glaubwürdiger.
Beulen werden ihr nicht erspart bleiben. Aber sie wird sich weniger Sorge um
ihre Identität machen müssen. Es wird spürbar sein, woraus sie lebt und für
wen sie lebt. Dieser Artikel erschien in
kirche:konkret 2018/2 Den
gesamten Text des Zukunftsbildes der katholischen Kirche Steiermark finden
sie auf der Homepage der Diözese: www.katholische-kirche-steiermark.at/portal/dioezese/zukunftsbild Pfarrblattartikel
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