Karl
Veitschegger (2024) Fragen zu Namenstag, Taufname, Vorname
Katrin Leinfellner hat mich in einem Interview
befragt, was es mit der katholischen Namensgebung auf sich hat, warum der
Namenstag früher wichtiger als der Geburtstag war und wie man ihn gebührend
feiern kann. ► Früher einmal wurde der Namenstag mindestens
gleich groß – wenn nicht größer – als der Geburtstag gefeiert. Warum war das
Feiern des Namenstages so wichtig? Es gab den Spruch: „Geburtstag hat
jedes Kalberl, Namenstag nur ein Menschenkind“. Das
spielt auf die Taufe an, die früher ziemlich rasch nach der Geburt vollzogen
wurde. Dabei wurde das Kind Christ bzw. Christin und erhielt seinen Vornamen,
mit dem es ein Leben lang gerufen wurde. Das geschah in der Kirche. Darum
wurde der Vorname auch Taufname genannt (im Englischen lange „Christian name“). Erst seit 1939 gibt es in Österreich die
Namensgebung vor dem Standesamt, bestätigt durch die Geburtsurkunde. Meine Mutter,
geboren 1930, hatte z. B. noch keine Geburtsurkunde, sondern nur einen
Taufschein mit ihrem Namen Maria Ernestine. Das Dokument galt auch für den
staatlichen Bereich. Die hl. Maria war ihre Namenspatronin. Und den Namenstag
feierte sie am ersten Marientag nach ihrem Geburtstag, also am 21. November:
„Mariä Opferung“, heute „Maria in Jerusalem“ genannt. In unserer Familie war
der Namenstag mindestens so wichtig wie der Geburtstag. Man feierte ihn auch
gerne mit Bekannten gleichen Namens. So gab es in meiner Verwandtschaft drei
Karl, die am 4. November Namenstag hatten. Es wurde gratuliert, manchmal
erhielt man auch eine Namenstagskarte oder es gab
sogar ein kleines Geschenk. Wann die Heiligen ihren Gedenktag hatten, stand
in jedem Kalender, viele wussten das auswendig. Der Namenstag war der Tag der
Christenwürde und menschlichen Verantwortung, also dessen, was uns vom vorhin
zitierten Kälbchen und anderen Geschöpfen unterscheidet. ► Da in den Anfängen des Christentums meist
Erwachsene getauft wurden, gab es da wahrscheinlich die Verbindung zwischen
Taufe und Namensgebung noch nicht. Seit wann macht man das denn so? Das stimmt. In der Frühzeit der
Kirche behielten die Erwachsenen, die getauft wurden, ihren Namen bei, den
sie schon vorher als „Heiden“ hatten. So hieß der heilige Martin, dessen Name
noch an den römischen Kriegsgott Mars erinnert, auch nach der Taufe Martin.
Erst allmählich setzten sich Namen, die an biblische und spätere heilige
Personen erinnern, bei Getauften durch. So tragen beim Ersten Konzil von
Nicäa (325 n. Chr.) noch fast alle Bischöfe „heidnische“ Namen, beim Dritten Konzil von Konstantinopel (680/681 n. Chr.) aber
nur noch einer. Bis zum siebten Jahrhundert bildete sich eine Art Liste
„christlicher“ Namen heraus, an der man sich bei der Namensgabe orientieren
konnte. Im Mittelalter kam vorrangig den Taufpaten die Aufgabe zu, den Namen
des Kindes auszusuchen. Der mittlerweile stark angewachsene Heiligenkalender
bot genug Auswahl. Im Lauf der Geschichte wurde dem Täufling auch gerne der
Name jenes Heiligen gegeben, der am Tag seiner Geburt oder Taufe im Kalender
stand. Übrigens mein zweiter Vorname „enthält“ meinen Geburtstag. Wer also
weiß, wann Aloisius gefeiert wird, kennt auch meinen Geburtstag. ► Gibt es „katholische“ Vorschriften für die
Namensgebung? Strenge Vorschriften gab es nie.
Aber es stimmt: Das Konzil von Trient im 16. Jahrhundert und der danach
erschienene Katechismus empfahlen dringlich, Kindern den Namen von Heiligen
zu geben. Denn Heilige seien lebenslange Vorbilder und Beschützer. Im Kirchenrechtsbuch
von 1917 wurden Priester sogar angehalten, einem Kind, dem die Eltern keinen
christlichen Namen gegeben hatten, eigenmächtig einen solchen im Taufbuch
hinzuzufügen. So konnte ein Mädchen dann im Taufbuch „Papagena
Maria“ heißen. Heute wird nur mehr angeraten, keinen Namen zu wählen, der
„dem christlichen Empfinden fremd“ ist. Also „Nero“, „Cruella“
oder „Stalin“ würden als Taufnamen nicht durchgehen. ► Wie feiert man eigentlich Namenstag? Es gibt natürlich auch da keine
Vorschriften. Ich finde es schön, wenn der Taufpate oder die Taufpatin dem Taufkind gratulieren und ihm etwas Vorbildliches aus dem
Leben des oder der Namensheiligen erzählen. (Dazu gibt es ja gute
Unterlagen). Wenn in der Familie dann auch noch ein Lieblingsessen auf den
Tisch kommt, eventuell die Taufkerze entzündet und vielleicht ein kleines
Geschenk gereicht wird — Herz, was willst du mehr? ►Gibt es sonst noch interessante Fakten zum
Namenstag und/oder der Namensgebung? Heute werden auch gerne Kose- oder
Kurzformen eines ursprünglich längeren Namens amtlich eingetragen, z.B Lisa statt Elisabeth, Timo statt Timotheus, Tom statt
Thomas usw. Darum ist der Namenspatron nicht immer rasch erkennbar. Lars
gehört zum hl. Laurentius, Katja zur hl. Katharina und Mia oder Ria zur hl.
Maria. Man findet fast zu allen Vornamen entsprechende Heilige. ► Es kommt auch vor, dass es mehrere Heilige
gleichen Namens gibt. Wann feiert man dann Namenstag? Dann
hat man die freie Wahl. Traditionell wählt man allerdings jenen Heiligen, der
als erstes nach dem Geburtstag kommt. Ein Johannes oder Hans, der am 1. Juni geboren
ist, feiert am 24. Juni Johannes den Täufer als Namenspatron. Ein am 1.
Dezember geborener Johannes oder Johnny wählt den Apostel Johannes am 27.
Dezember. Es gab auch den Volksglauben, man solle bei der Namensgebung große
Heilige nicht respektlos übergehen. Wenn ein Bub am 23. Juni geboren wurde,
sollte man ihn wohl Johannes (24.6.) nennen, blieb man aber dennoch bei Kurt
oder Manfred, fügte man Johannes als zweiten Taufnamen hinzu. Manche brachten
es auch auf mehrer Taufnamen. In meiner Jugend
erhielt man bei der Firmung zum Taufnamen noch einen Firmnamen,
nämlich den des Paten. In meinem Fall war das Johannes. Wäre ich später in
einen Orden eingetreten oder — was Gott unschwer verhütet hat — sogar Papst
geworden, hätte ich überhaupt einen neuen Vornamen und damit einen weiteren
Namenstag erwerben können. Jetzt lachst du. Mit Recht. Lachen ist gesund. Und
die Heiligen im Himmel tun das jetzt gewiss auch. Vor allem der hl. Isaak. ► Warum gerade Isaak? Sein Name bedeutet „Lachen“. Aber das ist eine andere
Geschichte. Karl Veitschegger Zurück zur
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