Karl Veitschegger (2024)

 

Sieben Gedanken zum Fest Kreuzerhöhung

14. September


 

Jerusalem, 13. September 335: Die neu erbaute Anastasis (Grabeskirche) wird festlich geweiht. Ihr Weihetag gilt fortan als christliches Fest und ab dem fünften Jahrhundert wird es Brauch, am Tag danach dem Volk das „Kreuz Christi“ durch Hochheben („Erhöhung“) zu zeigen. (Der Legende nach soll die hl. Helena um 325 das Kreuz Jesu gefunden haben.)

 

Das Fest „Kreuzerhöhung“ entsteht und wird in allen Ostkirchen feierlich begangen, seit dem 7. Jh. auch im Abendland. Große und kleine Teile des Jerusalemer Kreuzesholzes, aber auch kleine Holzstücke, die man mit ihm nur berührt hat, gehen als Kreuzreliquien in alle Welt.

 

In der Antike gilt das Kreuz als Schandzeichen: „Die bloße Bezeichnung ‚Kreuz’ soll nicht nur von Leib und Leben der römischen Bürger verbannt werden, sondern auch von ihren Gedanken, Augen und Ohren. Denn alle diese Dinge sind eines römischen Bürgers und freien Mannes unwürdig." (Marcus Tullius Cicero, gest. 43 v. Chr., Pro Rabirio 5,16)

 

Um das Jahr 30 wird Jesus von Nazaret wie ein Verbrecher gekreuzigt, weil er seiner Botschaft von der Güte Gottes und von der radikalen Nächstenliebe (auch zum Feind) bis zuletzt treu bleibt. Als Gekreuzigter betet er für seine Feinde: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ (Lukas 23,34)

 

So wird aus dem ehemaligen Zeichen des Fluches und der Verurteilung ein Zeichen der Liebe und Vergebung, ja ein Sinnbild der Feindesliebe.  Wir finden es heute in Kirchen, Wohnungen, auf Berggipfeln, an Straßenrändern usw. Aber ist uns seine Bedeutung (noch) bewusst?

 

Viele tragen ein Kreuz um den Hals — ich auch — weil sie die christliche Bedeutung des Kreuzes ernstnehmen wollen. Hin und wieder habe ich lieben Menschen auch ein Kreuz geschenkt, nicht bloß als Schmuck, sondern als Segenszeichen, als Erinnerung an diesen Jesus, an sein Leben und seine Hoffnungsbotschaft.

 

Wer das Kreuz als Kampfzeichen gegen andere Menschen und Kulturen gebraucht (was leider oft geschehen ist), hat seinen Sinn nicht verstanden. Denn: „Christus breitete Seine Arme am Kreuz aus, um die ganze Welt zu umfangen." (Bischof Kyrill von Jerusalem, 315–386)

 

Karl Veitschegger

 

Monstranz mit Kreuzsplitter in der Mitte, Grazer Dom – Foto: Diözsanmuseum Graz

 

Der Skandal des Kreuzes

 

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