Karl Veitschegger (2021)

 

Der heilige Josef und die „Heilige Familie“

Ein paar Gedanken – nur so.


 

„Heilige Familie“

Mit dem Josefitag am 19. März 2021 begann für die katholische Kirche ein „Jahr der Familie“. Unerwartet. Irgendwie aufregend. Denn in der „Heiligen Familie“ ging es ziemlich turbulent zu, wenn man so in der Bibel blättert und nachliest. Josef heiratet eine Frau, deren Kind nicht von ihm ist. Gott will es so, erzählt der Evangelist Matthäus (1,18-25). Die Weisung von oben kommt damit den ursprünglichen Plänen des Zimmermannes und Bauhandwerkers aus Nazaret ziemlich in die Quere. Josef hat sich das Familienleben wohl anders vorgestellt. Und dann muss er für dieses Kind und seine Mutter auch noch eine Flucht und ein paar Jahre im Ausland organisieren. Geburt unter widrigen Umständen, Flucht, Asyl in Ägypten (vgl. Lk 2, Mt 2) … – nichts als Scherereien?

 

Patchwork-Familie

Nach ostkirchlicher Tradition ist Josef, als er Maria heiratet, Witwer und hat schon größere Kinder aus erster Ehe. Dass das Leben der Patchwork-Familie in Nazaret nicht nur harmonisch abläuft, bezeugen die Evangelien. Die „Geschwister“ Jesu sind mit dem Verhalten ihres Bruders, der als Prophet auftritt, nicht einverstanden, halten ihn zwischendurch für verrückt (vgl. Mk 3,20-21; Joh 7,5). Auch seine Mutter, die schon dem zwölfjährigen Jesus, der unerlaubt weggelaufen ist, sagen muss: „Mein Kind, warum hast du uns das angetan? Dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht“ (Lk 2,48-49), tut sich zunehmend schwer mit dem „eigenwilligen“ Sohn. Er scheint nicht immer besonders herzlich über sie und mit ihr zu sprechen (Joh 2,4: „Frau, was willst du von mir?“).

 

Kein Familienmensch

Darüber hinaus macht Jesus – man kann ihn wohl nicht als Familienmenschen bezeichnen – deutlich, dass Familie nicht nur Geborgenheit bedeutet, sondern dass um höherer Werte Willen auch das „Schwert“, die Trennung innerhalb und von der Familie, nötig sein kann (vgl. Mt 10, 34-37). Dass nach seiner Auferstehung die Familie Jesu wieder zusammenfindet und sich in der jungen Kirche engagiert, ist auch bemerkenswert (vgl. Apg 1,14). Josef scheint nicht mehr am Leben zu sein.

 

Nüchtern

Omafreuden, sagt die katholische Kirche, hat Maria nie erlebt, aber die Nachfolger des verheirateten Simon Petrus haben sie zur „Mutter der Kirche“ erklärt. Auf Josef wurde lange vergessen. Aber auch er bekam schließlich sein Hochfest und den Titel „Patron der ganzen Kirche“.

Familie wird in der Bibel nie schöngezeichnet und idealisiert, sondern als spannungsreiche Lebenswirklichkeit und Herausforderung geschildert. Auch die „Heilige Familie“.

Ernüchternd? Ja, ernüchternd find ich das schon, aber auch trostreich.

 

Karl Veitschegger

 

 

PS: Ich beziehe mich hier auf den „Josef“ und seine Familie, wie sie in den Evangelien (und teilweise im Protoevangelium des Jakobus) gezeichnet werden. Mit Legenden ist dabei zu rechnen. An der Historizität der Namen Josef und Maria für Jesu Eltern gibt es aber keine ernsthaften Zweifel.

 

 

 

Mein Kurzartikel: 19. März – Heiliger Josef

 

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