Karl Veitschegger (2010)

 

Hat Jesus gelacht?


Foto © Karl Veitschegger: Der lachende Christus von Herbert Böckl, Abtei Seckau

 

In der Bibel wird berichtet, dass Jesus geweint hat. Hat er auch gelacht?

Lachen gehört zum Mensch-Sein und Jesus war ein echter Mensch. Daher dürfen wir mit Recht annehmen, dass Jesus in bestimmten Situationen herzlich gelacht hat. Ihm als Juden war der sprichwörtliche jüdische Humor sicher nicht fremd. Natürlich konnte er auch sehr ernst sein. Aber Ernsthaftigkeit und echter Humor sind ja keine Gegensätze, sondern gehören zutiefst zusammen.

 

Gibt es in der Bibel Hinweise darauf, dass Jesus gelacht hat?

Jesus nimmt in Kana an einer Hochzeit teil (Joh 2). Hochzeiten sind im Judentum immer fröhliche Ereignisse, wo nicht nur kräftig Wein getrunken, sondern auch viel gelacht wird. Auch bei anderen Festmählern unterhält Jesus sich offensichtlich gut, zumindest lädt man ihn gerne ein. Dass er kein finsterer Asket und kein Kind von Traurigkeit ist, verrät ein Wort, mit dem ihn seine Gegner kritisieren: „Dieser Fresser und Säufer…!“ (Mt 11,19). Auch aus vielen seiner Gleichnisse spricht Humor. So stellt er ausgerechnet einen schlitzohrigen Verwalter als Vorbild effektiven Handelns hin (Lk 16,1-13). Und wenn er zu hartherzigen Hütern religiöser Gesetze, die oft Unwichtiges hochspielen, aber dabei das Wichtigste, die Liebe, übersehen, sagt: „Ihr siebt Mücken aus und verschluckt Kamele“ (Mt 23,24), dann tut er das mit Witz und weiß, dass er die Lacher auf seiner Seite hat.

 

Wenn Jesus so war, müssten da nicht auch die Christen fröhlicher sein?

Man muss nie fröhlich sein, aber man darf es. Fröhlichkeit vorzugaukeln, wäre nur peinlich. Viele Christinnen und Christen sind - Gott sei Dank! - auch unaufgefordert herzliche und humorvolle Menschen. „Humor ist eine Erscheinungsform der Religion“, sagt Gilbert Keith Chesterton, weil Humor die Dinge dieser Welt nicht zu ernst nimmt. Der Glaube weiß: Nichts ist so ernst, dass Gott es nicht letztlich zum Guten wenden könnte.

 

Karl Veitschegger

 

Psalm 126,2:

„Da war unser Mund voll Lachen

und unsere Zunge voll Jubel.

Da sagte man unter den anderen Völkern:

Der Herr hat an ihnen Großes getan.“

 

Aus dem Lied „Stille Nacht“:

„Gottes Sohn, oh wie lacht Lieb aus deinem göttlichen Mund …“

 

Karl Barth:

„Ein Christ treibt dann gute Theologie, wenn er im Grunde mit Humor bei seiner Sache ist.“

 

Joseph Ratzinger:

„Zur barocken Liturgie gehörte einst der risus paschalis [...]. Die Osterpredigt musste eine Geschichte enthalten, die zum Lachen reizte [...]. Das mag eine etwas oberflächliche und vordergründige Form christlicher Freude sein.

Aber ist es nicht eigentlich doch etwas Schönes und Angemessenes, dass Lachen zum liturgischen Symbol geworden war?“

(Schauen auf den Durchbohrten. Versuche zu einer spirituellen Christologie, Einsiedeln 1984, 100.)

 

Benedikt XVI.

„Darf man sich eigentlich so freuen, wenn die Welt so voller Leid ist, wenn es so viel Dunkles und Böses gibt? Ist es dann erlaubt, so übermütig und fröhlich zu sein? Und die Antwort kann nur lauten: Ja. Denn mit dem ‚Nein’ zur Freude dienen wir niemandem, machen wir die Welt nur dunkler. Und wer sich selbst nicht mag, kann auch dem Anderen nichts geben und ihm nicht helfen und kann nicht ein Bote des Friedens sein. Wir wissen es aus dem Glauben und wir sehen es jeden Tag: Die Welt ist schön und Gott ist gut."

(3.8.2012, Bayrischer Abend in Castel Gandolfo)
 

Siehe auch meinen Artikel über das Osterlachen!

 

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