Karl Veitschegger

 

In Freud und Leid leben


 

Überschäumende Lebenslust und die Herausforderung von Krankheit und Tod, Höhen und Tiefen machen den ganzen Menschen aus.

 

„Hauptsache: gesund bleiben!“, sagen viele, wenn sie jemandem Glück wünschen oder selbst Gratulationen entgegennehmen. Sie meinen damit wohl, dass Gesundheit wichtiger ist als materielle Güter. In der Bibel findet sich das Wort: „Ein Leben in Gesundheit ist mir lieber als Gold, ein frohes Herz lieber als Perlen.“ (Sirach 30,15) Aus christlicher Sicht ist es gut und richtig, sich seiner Gesundheit zu erfreuen und dafür zu sorgen, dass Menschen gesund leben können. Gesunde Ernährung, Sport, Entspannung für Körper und Geist, Urlaubs- und Freizeitgestaltung, Bildung und Verantwortung für die Schöpfung gehören daher auch zu den Themen, die in den Angeboten der Kirche eine große Rolle spielen.

 

Überschätzung der Gesundheit

Die Hochschätzung körperlicher und geistiger Gesundheit darf allerdings nicht dazu führen, jenen Menschen, deren Gesundheit beeinträchtig ist, die mit kleineren oder größeren Handicaps leben müssen, weniger Achtung entgegenzubringen als denen, die vor Kraft und Gesundheit strotzen und üblichen Leistungs- und Schönheitsnormen besser entsprechen.

 

Unverlierbare Würde

Christlicher Glaube sagt: Jeder Mensch ist und bleibt, unabhängig von seinem körperlichen, geistigen und sogar moralischen Zustand, „Ebenbild Gottes“ (Genesis 1, 26), eine von Gott geliebte Person. Diese Würde der Person kann ihm weder durch autoritäre Gewalt noch durch Mehrheitsbeschluss der Gesellschaft aberkannt werden. Ja, er kann sich diese Würde nicht einmal selbst rauben. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte schöpft aus diesen biblischen Quellen, wenn sie festhält: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“ Dieser Würde entsprechend sollen Menschen ihr Leben leben und auch einmal vollenden können, es also nicht einfach selbst beenden oder durch andere beenden lassen. Kardinal König drückte es so aus: „Nicht durch die Hand eines Menschen, sondern an der Hand eines Menschen sterben!“

 

Krankheit und Heilung

Überall, wo Christen und Christinnen das Evangelium verkündet und gelebt haben, galt ihre Zuwendung nicht nur den Gesunden und Starken, sondern ganz besonders den Kranken, Behinderten, Trauernden, vom Schicksal Geschlagenen und Sterbenden. Christliche Liebe zu den Kranken verwirklicht sich bis heute auf vielfältige Weise: von der medizinischen Behandlung in kirchlichen Spitälern und Ambulanzen (unverzichtbar in vielen sozial armen Ländern) bis zu charismatischen Heilungen durch besonders begnadete Menschen, vom schlichten Krankenbesuch bis zur organisierten Hauskrankenpflege, vom Gebet für die Kranken in der Kirche bis zum Bringen der hl. Kommunion ans Krankenbett. Die Liebe zu den Kranken gehört zum Kern des Evangeliums. Ein besonders deutliches Zeichen dafür ist das Sakrament der Krankensalbung.

 

Versagen und Vergebung

Zu den dunkeln Seiten des Lebens gehören auch Versagen und Schuld. Deshalb ruft Jesus Christus zur Umkehr auf, aber auch zur Vergebung, ja sogar zur Feindesliebe. Gott – so verkündet er – wartet in seiner unendlichen Barmherzigkeit auf die Umkehr jedes Menschen. Keine Schuld, keine Bosheit ist so groß, dass Gott sie nicht vergeben könnte, kein Schaden, den menschliche Sünde angerichtet hat, so unabänderlich, dass Gott ihn nicht heilen und letztlich sogar zum Guten wenden könnte. Im Sakrament der Buße, in der „Feier der Versöhnung“, ist katholischen Gläubigen dazu eine wesentliche Hilfe geschenkt.

 

Kreuz und Osterfreude

Der christliche Glaube hat keine philosophische Erklärung für das Warum und Wozu des Leides. Er versucht, Leid zu heilen und zu lindern. Er weiß aber auch um das Unheilbare und den unvermeidbaren Tod. Im letzten Schrei des gekreuzigten Christus sammeln sich die lauten und stummen Schreie aller Geschöpfe: das gesamte Elend der Welt, das vergangene und künftige. Ohne Ostermorgen bliebe dieser Schrei des Karfreitags ohne Hoffnung. Aber weil es Ostern gibt, weil Christus auferstanden ist, dürfen Menschen hoffen, dass Leid und Tod nicht das letzte Wort haben, dass Gott jedes Leid – und sei es noch so groß – in Osterfreude verwandeln kann.

(veröffentlicht in: KirchenInfo 1/2008)

Karl Veitschegger (2008)

 

 

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