Karl Veitschegger 2020/2004

 

Holunder, Hollerstrauben & Hollersaft


 

„Zieh den Hut!“

„Der redet nur Holler“, sagt man in Österreich, wenn jemand Dummes oder Unwahres von sich gibt.  Aber eigentlich tut man mit diesem Ausdruck dem echten Holler (Hollunder) Unrecht. Denn dieser ist ein Freund des Menschen! Alter Volksglaube ehrt ihn als Geschenk des Himmels: „Vor einem Hollerstrauch zieh den Hut!" Ein französisches Predigtbuch aus dem 13. Jahrhundert erwähnt, dass Kleinkinder von ihren Müttern zu einem Holunder getragen werden, um Segen zu erlangen.

 

Naturmedizin

Schon in der Antike war bekannt, dass Holunderblüten und Holunderbeeren, aber auch die Blätter und Wurzeln des Hollers gesundheitsfördernde Substanzen enthalten. Und auch heute noch empfehlen Apotheken den Holunderblütentee bei Erkältung, Nieren- und Blasenleiden zur Stärkung des Immunsystems und die Beeren als Vitaminbringer und zur Förderung der Verdauung.


Gaumenfreuden

Zu den beliebten Gaumenfreuden in Österreich zählen gebackene Holunderblüten: die Hollerstrauben. Blütendolden des Holunders werden dabei in Backteig getunkt und in etwas Fett herausgebacken. Der Holundersaft (Hollersaft) wird auch in vornehmen Gaststätten als erfrischendes Getränk angeboten. Er lässt sich gut mit Sekt vermischen.

 

Legende

Wie der Holler zu seinem guten Geschmack und zu seiner Heilkraft kam, weiß eine Legende: Als Maria und Josef mit dem Jesuskind auf der Flucht nach Ägypten (vgl. Matthäus 2) Rast machten, mussten sie auch Windeln wechseln. Zum Ausbreiten und Trocknen der nassen Stoffwindeln bot sich ein Holunderstrauch, unter dem sie Rast machten, an. Ja, und davon soll der Holler Farbe, Geschmack und Heilkraft erhalten haben.

 

Sehnsucht nach Heilung und Heil

Legenden bezeichne ich gerne als Märchenbuch des Heiligen Geistes. Sie unterhalten und machen zugleich offenbar, was in den Tiefen unserer Seele wohnt: Neugier, Freude am Wunderbaren, aber vor allem Sehnsucht nach Heilung und Heil.

 

Karl Veitschegger

 

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