Karl Veitschegger am10.02.2017 Grußwort zum Studientag „Willkommen“ – Gastfreundschaft Guten
Morgen und herzlich willkommen! „Willkommen"
ist auch der Titel unseres Caritas-Studientages, zu dem wir – Caritas und
Pastoralamt – Sie ins Bildungshaus Mariatrost eingeladen haben. Schön, dass
Sie (auch heuer wieder) so zahlreich da sind! Das
Wort Willkommen leitet sich vom
althochdeutschen Wort willicomo
ab – und das bedeutet „Wunschgast, gern gesehener Ankömmling“ (weiß Kluges
Etymologisches Wörterbuch). Das Wort „Gast“ bedeutet ähnlich wie das
lateinische hospes
und das griechische xenios
ursprünglich „Fremder", also meint jemanden, der nicht zur Familie und
zum vertrauten Kreis gehört. Gastfreundschaft
ist demnach nicht einfach geselliges Offensein für Menschen, die man ohnedies
schon kennt und mag, bei denen man sich wohlfühlt und wo sich Geben und
Nehmen auf gleicher Ebene abspielen. Gastfreundschaft im ursprünglichen Sinn
ist dann gegeben, wenn wir bereit sind, Neues, Fremdes, noch nicht Vertrautes
bei uns einzulassen und mit Menschen, die Neues, Fremdes und noch nicht
Vertrautes bringen, in Gemeinschaft zu treten. Das ist nicht immer leicht,
bedarf auch der Klugheit, ja geht uns manchmal richtig gegen den Strich – als
Privatmenschen, aber auch als Pfarre und Kirche. Jesus
spricht im Lukasevangelium: „Wenn du
mittags oder abends ein Essen gibst, lade nicht deine Freunde oder deine
Brüder, deine Verwandten oder reiche Nachbarn ein, sonst laden auch sie dich
wieder ein und dir ist es vergolten. Nein, wenn du ein Essen gibst, dann lade
Arme, Krüppel, Lahme und Blinde ein..." (Lukas 14,12ff) Wir dürfen
das auch so übertragen: dann lade auch Leute ein, von denen du dir nicht von
vorherein Nutzen versprichst; Leute, die du für „lahm" hältst; weil sie
sich anders bewegen als du; Leute, die du für „blind“ hältst, weil sie andere
Sichtweisen haben als du usw. Einen
Gast willkommen heißen – das bedeutet: Auch jemand, der Befremdliches und
Unvertrautes mitbringt, ist ein willicomo – „ein Wunschgast, ein gern gesehener
Ankömmling"! Das aber fordert Demut, freilich auch Klugheit und
Kreativität. Sie
alle kennen die amerikanische Freiheitsstatue. An ihrem Sockel befindet sich
folgende Inschrift: „Gebt mir eure Müden,
eure Armen, eure geknechteten
Massen, die frei atmen wollen, die Missachteten und
Zurückgewiesenen (eurer dichtgedrängten Küsten). Schickt sie mir, die
Heimatlosen, die vom Sturm Getriebenen, hoch halte ich mein
Licht am goldenen Tor!" Ich
habe einmal kurz davon geträumt, dieser Spruch würde nicht nur an der
Freiheitsstatue, sondern auch auf unseren Kirchtürmen, den Symbolen für
unsere Pfarren und Gemeinden, stehen. Es war nur ein Traum. Und ich
weiß, schöne Inschriften allein helfen auch wenig. Es geht um Einstellungen
und Taten. Ein
Blick in die Heilige Schrift zeigt, dass Gastfreundschaft sehr tief gehen
kann. Es geht zwar immer um die zwischenmenschliche, humanitäre und soziale
Dimension, aber das ist noch nicht alles … Sie finden im Einladungsfolder zum
heutigen Studientag auch das Wort über die Gastfreundschaft aus dem
Hebräerbrief des Neuen Testamentes, das in ganzer Länge so lautet: „Vergesst die
Gastfreundschaft nicht; denn durch sie haben einige, ohne es zu ahnen, Engel
beherbergt.“ (Hebr. 13,2) Gastfreundschaft
enthält demnach eine große Verheißung: Immer, wenn Menschen wagen, Neues und
Fremdes bei sich aufzunehmen, sich mit ihm vertraut zu machen – klug und
respektvoll! –, kann dieses Neue und Fremde für sie zum Engel, zum Boten
Gottes, zum Wort Gottes werden. Das heißt: Sie verstehen Gott besser – und
zwar sogar dann, wenn sie meinen, von Gott keine Ahnung zu haben. Sie „haben, ohne es zu ahnen, Engel
beherbergt.“ Das
heißt freilich im Umkehrschluss: Wenn wir Teile der Wirklichkeit, die uns neu
und fremd sind, hartnäckig ausgrenzen und nicht wahrhaben wollen, grenzen wir
immer auch ein „Stück“ der Wirklichkeit Gottes aus. Denn alle Wirklichkeit
hat mit Gott zu tun. In diesem Sinn sagt das Buch Jesus Sirach von Gott: „Er
ist alles!“ (Sir 43,27) Gastfreundschaft
ist eine wichtige Form des Gottesdienstes. Gastfreundschaft ist eine wichtige
Form der Kommunion. Der heilige Augustinus predigte schon vor rund 1600
Jahren seinen Gläubigen: „Wartet jemand von
euch darauf, den im Himmel thronenden Christus zu empfangen? Dann kümmert
euch um den, der im Torbogen liegt, kümmert euch um den Hungernden, kümmert
euch um den Frierenden, kümmert euch um den Fremden…!“ (sermo 25,8) Diese
Kommunion zu empfangen, ist nicht leicht, verlangt Mut, Vertrauen, auch viel
Klugheit und Kreativität. Es gelingt uns nur stufenweise, aber es enthält
eine große Verheißung. Ich
weiß, dass Sie, als Caritas-offene Menschen, schon viel davon leben, oft
beispielhaft als stille „Helden“ und „Heldinnen“ im Alltag, und ich danke
Ihnen sehr dafür – im Namen unseres Bischofs, aber auch im eigenen Namen. Ich
selbst muss hier noch viel lernen. Bleiben und wachsen wir auf dem Weg der
Gastfreundschaft! Danke
für Ihr Kommen und einen guten Studientag noch! Zurück zur Homepage von Karl
Veitschegger Zurück zum Menü „Meine Artikel,
Referate, Skizzen ...“ Karl Veitschegger ©
2017 |