Karl Veitschegger (2002)

 

Frauen in der Kirche zweitklassig?

 

Statement zum Thema "Frau und Kirche", April 2002, unwesentlich überarbeitet im Dezember 2014


 

Seit den Tagen der Apostel

Es steht außer Diskussion, dass Frauen das Leben unserer Kirche seit den Tagen der Apostel wesentlich mittragen. Es stimmt leider auch, dass Männer in der Kirche die gottgeschenkte Würde der Frau nicht immer respektiert, ja oft schwerwiegend missachtet haben. Das muss in großer Aufrichtigkeit zugegeben werden.

 

Nicht nur niedrige Dienste

Es stimmt aber nicht, wie manchmal behauptet wird, dass Frauen nur zu „niedrigen" Diensten in der katholischen Kirche zugelassen würden. Frauen sind in der Kirche als Äbtissinnen, Ordensobere, Theologinnen, Religionsprofessorinnen, Psychologinnen, Juristinnen etc. auch in hochqualifizierten Aufgaben und Berufen tätig. Sie leiten Dienststellen in Bischöflichen Ordinariaten, katholische Schulen, Bildungshäuser, Spitäler und Zeitungsredaktionen. Auch in vatikanischen Ämtern und an Päpstlichen Universitäten haben Frauen hohe Funktionen inne. Im Bereich der Liturgie wirken sie als Wortgottesdienstleiterinnen, Begräbnisleiterinnen, Kommunionspenderinnen, Lektorinnen, Vorsängerinnen und Chorleiterinnen. Schon von Papst Johannes Paul II., der erstmals zu den Weltbischofsynoden Frauen eingeladen hat, gingen Initiativen aus, Frauen auch in verantwortungsvolle Positionen zu berufen. In allen kirchlichen Berufen, die nicht mit dem Sakrament der Weihe verbunden sind, können Frauen heute gleichberechtigt mit Männern Verantwortung übernehmen.

 

Priesterinnen?

„Warum gibt es dann keine Priesterinnen?“ fragen viele zurecht. Warum sprach Johannes Paul II. ein so vehementes Nein dazu? Die oben genannten Fakten zeigen, dass es nicht fair wäre, Johannes Paul II. zu unterstellen, er habe Frauen keine wichtigen Ämter in der Kirche übertragen wollen. Vielmehr war dieser Papst der Überzeugung, die Heilige Schrift und die kirchliche Tradition in Übereinstimmung mit allen Ostkirchen so verstehen zu müssen, dass „die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden“ (Ordinatio Sacerdotalis 1994).1 Es sei, erklärte der Papst, kein zeitbedingter Zufall und auch keine Minderbewertung der Frau, wenn Jesus in den „Kreis der Zwölf" nur Männer erwählt habe und bis heute nur Männer zu Priester geweiht würden. Es gehe hier nicht um eine Frage der Würde, sondern der Symbolik. In der Bibel wird Christus öfter als „Bräutigam" und die Kirche bzw. Gemeinde als seine „Braut" bezeichnet (vgl. Eph 5,31; Mt 9,15; Mt 25,1; Joh 3,29, 2 Kor 11,2; Offb 19,7; Offb 22,17) Der männliche Priester ist demnach – besonders in der Feier der Eucharistie – der Repräsentant des „Bräutigams" Christus, der seiner „Braut", der Gemeinde, gegenübersteht. Das Mann-Sein – so Johannes Paul II. – gehört zur grundlegenden Symbolik des Priesteramtes, die nicht beliebig verändert werden darf (ähnlich wie man bei der Eucharistie Brot und Wein nicht durch Obst und Wasser ersetzen darf).2

 

Erkenntnis vertiefen

Den meisten Menschen heute ist diese altchristliche Bräutigam-Braut-Symbolik nicht einsichtig. Auch vielen Bischöfen, Theologen und Theologinnen scheint sie als Argument gegen die Priesterweihe von Frauen nicht ausreichend zu sein. Die Theologie, heute von Männern und Frauen praktiziert, ist daher gefordert, noch tiefer über die Dimensionen des geistlichen Amtes nachzudenken: Wohin will der Heilige Geist die Kirche führen? Eines muss klar sein: Auch unterschiedliche Berufungen dürfen niemals als Ungleichheit in der Würde interpretiert werden oder als Vorwand zur Herrschaft der einen über die anderen dienen.

 

Karl Veitschegger (2002)

 

Anmerkungen:

1) Die Frage ist, ob es für immer stimmen muss, dass „die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden“. Ich vermute stark, die Kirche darf in diesem Punkt viel mehr, als Johannes Paul ll. 1994 zu denken wagte. Das Problem erinnert mich an die Streitfrage der Kirche des 1. Jahrhunderts: Dürfen auch Nichtjuden ohne Beschneidung Christen werden? Jesus selbst hatte dazu nichts gesagt und in der Praxis nur eine jüdische Jüngerschaft um sich gesammelt. Die Kirche musste entscheiden. Sie tat es kreativ und zukunftsweisend - damals.

 

2) Theologischer Nachtrag zur Bräutigam-Symbolik (2019): Im traditionellen Verständnis des Ehesakramentes war der Mann Symbol für Christus (Haupt der Kirche), die Frau hingegen Symbol für die Kirche (dem Haupt untergeordnet; vgl. Eph 5, 25-26). Inzwischen ist diese (zeitgebundene) biblische Symbolik in Richtung Gleichberechtigung weiterentwickelt worden: Beide, Mann und Frau, können Christus in seiner Liebe zur Kirche sakramental darstellen. Müsste diese Weiterentwicklung im Bereich des Ehesakramentes nicht auch für das Weihesakrament gelten? Könnte künftig nicht auch hier eine Frau – gleichberechtigt dem Mann – Christus, das Haupt der Kirche, sakramental repräsentieren? Ich meine, ja.

Karl Veitschegger

 

 

Aufgelesen

 

Kardinal Christoph Schönborn

zur Frage, warum es keine Priesterinnen gibt: „Ich weiß nicht, ob der Heilige Geist die Kirche vielleicht einmal in eine ganz andere Richtung führt. Aber so wie wir das jetzt sehen, ist das konstitutiv für die Kirche."

(C.Schönborn/B.Stöckl, Wer braucht Gott?, 2007, S. 147)

 

Papst Franziskus:

„Die Theologinnen können zu aller Nutzen bestimmte bisher unerforschte Aspekte des unergründlichen Geheimnisses Christi entdecken […]. Ich lade also dazu ein, den größtmöglichen Nutzen aus diesem besonderen Beitrag der Frauen zum Verstehen des Glaubens zu ziehen.“ (Vor der Internationalen Theologenkommission im Vatikan, 5. 12. 2014)

 

Kardinal Schönborn:

„Die Weihefrage [Frauenordination] ist eine Frage, die sicher nur von einem Konzil geklärt werden kann. Das kann auch nicht ein Papst allein entscheiden. Das ist eine zu große Frage, als dass sie vom Schreibtisch eines Papstes aus geklärt werden könnte.“ – Frage: „Sie meinen die Weihe von Frauen zu Priesterinnen?“ – Schönborn: „Diakonen, Priestern, Bischöfen.“

(interview in Die Presse, Kleine Zeitung und Salzburger Nachrichten am 31. Mai 2018)

 

Christiane Florin:

„Derzeit verschwendet das Lehramt viel Kraft darauf, mit schwachen Argumenten zu erklären, warum der Ausschluss der Frauen vom Klerus keine Diskriminierung ist. Also: Frauen gleichberechtigen, das wäre für die katholische Kirche ein Schritt aus dem Exoten-Dasein. Jesu wichtigste Eigenschaft dürfte wohl kaum gewesen sein, dass er nicht weiblich war.“

Quelle (7.9.2018): www.futur2.org/article/die-kirchen-sollten-nicht-enger-werden-wenn-sie-kleiner-werden/

 

 

Ottmar Fuchs; Artikel: Denn Gott bin ich und nicht Mann (Hosea 11,9) - feinschwarz.net

„Kampagne für Ordination von Frauen in der katholischen Kirche":

www.womenpriests.org/de/index.asp

 

 

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