Karl Veitschegger (2014) Zwei Synoden: Ehe, Familie und Kirche Beitrag
für das Pfarrblatt der Pfarre Graz-Graben 2/2014 Die katholische Kirche in der Steiermark
folgte der Anregung von Papst Franziskus, viele Menschen zu befragen, wie sie
zum Themenkreis Ehe, Familie und Kirche stehen. Denn ein weltweites
„Stimmungsbild“ soll der Bischofssynode im Herbst als Beratungsgrundlage
dienen. 14.221 Menschen, darunter sehr viele junge, haben sich in der
Steiermark an der Befragung beteiligt und der Kirche ihre Meinung und ihre
Einschätzung zu Familienthemen mitgeteilt. Diskrepanzen
ernst nehmen Die Ergebnisse zeigen, dass die „klassischen
Verbote“ der kirchlichen Sexual- und Ehemoral (nein
zur künstlichen Verhütung, keine Sakramente für wiederverheiratete
Geschiedene, nein zur Homo-Ehe usw.) zwar bestens bekannt sind, aber auch von
vielen „Kircheninsidern“ nicht mehr verstanden und mitgetragen werden. So
wünschen sich 96 Prozent der Befragten, dass auch wiederverheiratete
Geschiedene zu Beichte und Kommunion zugelassen werden; je 54 Prozent finden
„künstliche Verhütung“ und das Zusammenleben ohne Trauschein moralisch okay;
62 Prozent sehen in der Homosexualität nichts Widernatürliches und 43 Prozent
gestehen Homosexuellen das Recht auf Familiengründung zu. Die Diskrepanz
zwischen überlieferten Normen und heutigen Wertvorstellungen ist
offensichtlich. Auch Bischöfe sind in heiklen Fragen längst nicht immer einer
Meinung. Aktualisierung
der kirchlichen Lehre Zwei Bischofssynoden in Rom (2014 und 2015)
werden sich dem Thema Familie stellen. Das letzte weltkirchliche Dokument zu
dieser Frage („Familiaris Consortio“) stammt von
Johannes Paul II und ist bereits 33 Jahre alt. Geht es nach dem Wunsch des
Papstes, müssen in den kommenden Synoden-Beratungen die Lebensrealitäten der
Menschen sehr ernst genommen werden. Die Bischöfe werden freilich nicht
unkritisch dem Zeitgeist folgen und auch keine sexuelle Revolution ausrufen,
aber sie werden die Lehre der Kirche aktualisieren und weiterentwickeln
müssen. Es wird ihnen dabei vermutlich weniger um das Wiederholen alter
Verbote gehen, als vielmehr um das Geben von Orientierung, wie die
Christus-Botschaft Menschen von heute helfen kann, tragfähige und erfüllende
familiären Beziehungen zu leben. „Wir haben jetzt zwei Synoden, um dieses
komplexe Thema der Familie zu behandeln, und ich glaube, diese Dynamik in
zwei Schritten erlaubt eine angemessenere Antwort auf die Erwartungen der
Menschen“, hofft Kardinal Lorenzo Baldisseri, den
Papst Franziskus zum Generalsekretär der Bischofssynode ernannt hat. „Überraschungen
des Heiligen Geistes“ Für eine Kirche, die sich nicht als
„Nationalkirche“ oder „Landeskirche“ versteht, sondern als „katholische“ (=
allgemeine) Gemeinschaft und Weltkirche, ist das kein leichtes Unterfangen.
Die Lebenssituation der Menschen in Indien ist anders als die der Menschen in
Nigeria oder in Österreich. Was hat für alle Gültigkeit? Was kann regional
geregelt werden? „Wir müssen für Überraschungen des Heiligen Geistes offen
sein", meint Erzbischof Forte, Sondersekretär der Synode. Für die
meisten Steirerinnen und Steirer, gerade auch für Jugendliche, ist Familie
nach wie vor ein ganz hoher Wert. 87 Prozent der Befragten in der Steiermark
sind außerdem der Überzeugung, dass die Familie ein „bevorzugter Ort“ ist,
„wo der Mensch seine Berufung als Christ oder Christin erfährt“. Hohe
Erwartungen. Der Papst bittet alle Gläubigen, die Synoden-Vorbereitung mit
ihren Gebeten zu begleiten. Zurück zur Startseite von Karl
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