Karl Veitschegger
(2018) Die Bibel – bekannt und fremd, fern
und nah Anlässlich der
Bibeljahre 2019 – 2021 (www.jahrederbibel.at)
wurden mir von einer Pfarblattredaktion vier Fragen
zur Bibel gestellt – mit der Bitte um „relativ kurze Antworten“. Hier das
Ergebnis: Was bringt
es, sich mit einem so alten Buch zu beschäftigen? Die
Bibel ist alt, aber nicht veraltet. Sie ist eine bunte Sammlung von 73
Schriften, gewachsen in 1000 Jahren. Sie enthält einen ungeheuren Schatz an
Lebens- und Glaubenserfahrungen – von Menschen unterschiedlicher Zeiten
durchlebt, durchbetet, weitererzählt und schließlich niedergeschrieben. Wer heute
in der Bibel liest, wird hineingenommen in ein lebendiges, oft auch
befremdliches Ringen um die letzte Tiefe unseres Lebens, um jene
Wirklichkeit, die wir „Gott“ nennen. Dieses Ringen drückt sich literarisch
sehr unterschiedlich aus: in bildhaften Erzählungen, Liedern,
Prophetenworten, Geboten, Lebensweisheiten ... – ja sogar ein erotisches
Liebeslied ist darunter! Die Bibel ist so bunt und poetisch wie das Leben. Ist die
Bibel das Wort Gottes? Katholischer
Glaube sagt: Die Bibel ist „Heilige Schrift“, nicht von Gott diktiert, aber
von Gott inspiriert, also von seinem Geist angeregt und beseelt. Durch die
menschlichen Schriftsteller der Bibel (und ihre zeitbedingten
Ausdrucksweisen) „spricht“ Gott bis heute mit uns. Am deutlichsten geschieht
das durch Jesus Christus. Er ist für uns das Wort Gottes in Person. Vieles in
der Bibel klingt fremd. Welche Hilfen zum besseren Verständnis gibt es? Nicht
alle „Sprachspiele“, Gleichnisse und Symbole der Heiligen Schrift erschließen
sich einem sofort. Um tiefer verstehen zu können, braucht es oft geduldiges
Hinein-Hören, spirituelle Offenheit und auch etwas Fachwissen. Klassische
Bibelkreise werden in vielen Pfarren angeboten, aber es gibt auch neue
kreative Formen der Bibel-Arbeit. Das Pastoralamt der Diözese informiert
darüber gerne. Keinesfalls ist die Bibel nur für Theologen und
Sprachwissenschaftler da, sondern für alle, die in ihrem Leben nach Tiefe und
Orientierung suchen. Was ist
die Kernaussage der Bibel? Die
Bibel ist vielstimmig, auch kontrastreich, aber mit deutlicher Grundmelodie:
Unsere Welt und unser Leben sind in guten Händen. Wir dürfen dieser
göttlichen Güte vertrauen und daraus leben; sie ist letztlich stärker als
alles Leid, alles menschliche Versagen, ja sogar der Tod. Karl Veitschegger (2018) Papst Franziskus über Heilige Schriften Manchmal „werden Schriften verachtet, die im Bereich einer
Glaubensüberzeugung entstanden sind, und man vergisst dabei, dass die
klassischen religiösen Texte für alle Zeiten von Bedeutung sein können und
eine motivierende Kraft besitzen, die immer neue Horizonte öffnet, das Denken
anregt, den Geist weitet und das Feingefühl erhöht. Sie werden verachtet
wegen ihres Mangels an rationalistischer Sichtweise. Ist es vernünftig und
intelligent, sie in die Verborgenheit zu verbannen, nur weil sie im Kontext
einer religiösen Überzeugung entstanden sind? Sie tragen zutiefst
humanistische Prinzipien in sich, die einen rationalen Wert besitzen, obwohl
sie von Symbolen und religiösen Lehren durchdrungen sind. Als Glaubende fühlen wir uns auch denen nahe, die sich nicht als
Angehörige einer religiösen Tradition bekennen, aber aufrichtig nach der
Wahrheit, der Güte und der Schönheit suchen, die für uns ihren maximalen
Ausdruck und ihre Quelle in Gott finden.“ (Evangelii Gaudium 256, 257) Zurück zur
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